Kardiologie

Eisenmangel bei Herzinsuffizienz oft übersehen

Fast jeder zweite Patienten mit Herzinsuffizienz hat einen Eisenmangel, wie Registerdaten aus Deutschland ergeben haben. Sowohl der Mangel als auch Anämien bleiben dabei häufig unbeachtet. Kardiologen plädieren für eine regelmäßige Kontrolle der Blutwerte.

Von Veronika Schlimpert Veröffentlicht:
Der Eisenstatus von Herzinsuffizienz-Patienten sollte routinemäßig bestimmt werden.

Der Eisenstatus von Herzinsuffizienz-Patienten sollte routinemäßig bestimmt werden.

© littlebell / Fotolia

In deutschen Kardiologie-Praxen werden Eisenmangel und Anämien bei Herzinsuffizienz-Patienten offensichtlich häufig übersehen, wie eine Registerstudie nun offenlegt. Die Studienautoren plädieren daher dafür, den Eisenstatus in der ambulanten Versorgung von Herzinsuffizienz-Patienten routinemäßig zu bestimmen.

Als häufige Komplikation bei Herzinsuffizienz schränkt Eisenmangel die Belastbarkeit der Patienten weiter ein und verschlechtert deren Prognose. Umso bedenklicher ist es, dass in kardiologischen Praxen in Deutschland ein Eisenmangel bei Herzinsuffizienz-Patienten offenbar häufig unerkannt bleibt. Auf dieses Defizit haben nun Wissenschaftler um Dr. Stephan von Hähling von der Universität in Göttingen hingewiesen. Das Team hat dabei das PRep-Register (Prävalenz des Eisenmangels bei Patienten mit Herzinsuffizienz) ausgewertet (Clin Res Cardiol 2017; Online: 22 Februar).

Unerkannter Mangel bei jedem zweiten Patienten

Analysiert wurden dabei Daten von 1198 Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz, die in dem Register aus 42 kardiologischen Praxen gesammelt worden waren. Nach den Daten lag bei fast jedem zweiten Patienten (42,5 Prozent) ein Eisenmangel vor: Der Mangel war definiert als Ferritinwert <100 µg/l oder Ferritinwert von 100 bis 300 µg/l bei einer Transferrinsättigung <20 Prozent. Bei allen Patienten war der Eisenmangel im Vorfeld nicht bekannt gewesen.

Eine Anämie ließ sich bei 18,9 Prozent der Patienten feststellen. Diese Erkrankung war vor Aufnahme in das Register gerade mal bei 4,8 Prozent der Patienten diagnostiziert worden. Bei keinem einzigen Betroffenen war die Anämie durch eine Bluttransfusion oder mit Erythropoietin behandelt worden. "Trotz der hohen Prävalenz war der Eisenmangel somit bei allen PreEP-Teilnehmer unbekannt und die vorhandene Anämie blieb häufig unbeachtet", lautet das Fazit der Studienautoren. Interessanterweise sei die Überschneidung zwischen den Patienten mit Eisenmangel und denen mit Anämie geringer gewesen, als man hätte erwarten können. So litt nur jeder zweite Anämie-Patienten gleichzeitig an einem Eisenmangel.

Ein Eisenmangel gehe allerdings auch unabhängig von dem Vorhandensein einer Anämie mit einer geringeren körperlichen Belastbarkeit einher, machen die Wissenschaftler deutlich. So fiel die maximale Belastbarkeit in der Spiroergometrie bei Patienten mit Eisenmangel – selbst nach Adjustierung auf eine Anämie – signifikant geringer aus als bei denjenigen ohne Defizite in der Eisenversorgung.

Im Sechs-Minuten-Gehtest zeigte sich allerdings kein entsprechender Zusammenhang. Nach Ansicht von Hähling und seinen Kollegen unterstreicht dieser Zusammenhang die Bedeutung des Eisenmangels als Komorbidität für die betroffenen Patienten. Auch das Vorliegen einer Anämie erwies sich als unabhängiger Risikofaktor für eine eingeschränkte körperliche Belastbarkeit.

Leitlinien in ambulanter Versorgung umsetzen!

Die Kardiologen plädieren daher dafür, die gültigen ESC-Leitlinien für eine Eisensubstitution auch in der ambulanten Versorgung umzusetzen. Darin wird eine solche Therapie für symptomatische Patienten mit chronisch stabiler Herzinsuffizienz und eingeschränkter Auswurffraktion empfohlen, die an einem Eisenmangel und einer Anämie leiden, aber auch für Patienten, bei denen nur ein Eisenmangel vorliegt.

Darüber hinaus wird in den Leitlinien eine regelmäßige Bestimmung der Blutwerte nahegelegt, um reversible oder behandelbare Ursachen der Herzinsuffizienz und der Komorbiditäten – wie eben einen Eisenmangel – erfassen zu können. "Die Ergebnisse des PrEP-Registers liefern nun erstmals starke Argumente, die dafür sprechen, Eisenmangel und Anämien bei Herzinsuffizienz-Patienten auch in kardiologischen Praxen zu diagnostizieren und zu behandeln", schlussfolgern die Autoren. Daher scheine es sinnvoll, hier auch die in der ambulanten Versorgung tätigen Kardiologen einzubeziehen.

 Konkret bedeutet das, den Eisenstatus im ambulanten Setting routinemäßig zu bestimmen und gegebenenfalls eine Eisensupplementation als Therapie einzusetzen.

Weitere Informationen zur Kardiologie: www.springermedizin.de

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