Der Standpunkt

Ein Anzug, der nicht allen passt

Die Katheterablation bei Vorhofflimmern wird häufig als „kurativer Therapieansatz“ gefeiert. Das geht Peter Overbeck zu weit. Er meint: Auf eine „Heilung“ können die Patienten nicht hoffen, für das Gros der Betroffenen ist die Ablation nicht geeignet.

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Peter Overbeck ist stellv. Ressortleiter im Ressort Medizin. Schreiben Sie ihm: peter.overbeck@ springer.com

Die Katheterablation bei Vorhofflimmern entwickelt sich rasant - nicht nur in technischer Hinsicht. Der "Herzbericht 2010" weist für Deutschland bereits mehr als 44.000 Ablationen aus - im Vergleich zum Vorjahr eine Zunahme um 6,8 Prozent.

Und die jetzt bekannt gewordenen Studienergebnisse, wonach die kathetergestützte Radiofrequenz-Ablation bei symptomatischem Vorhofflimmern auch als First-line-Option ihre Vorzüge hat, dürften diesen Trend wohl noch beschleunigen. Da kann es nicht schaden, einmal einen nüchternen Blick auf diese häufig schon als "kurativen Therapieansatz" gefeierte Methode zu werfen.

Eines ist glasklar: Ein Therapieverfahren für das Gros der zumeist älteren Patienten, die außer Vorhofflimmern typischerweise noch weitere Begleiterkrankungen aufweisen, ist die Ablation nicht. Am besten funktioniert sie bei relativ jungen Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern, die keine relevante strukturelle Herzerkrankung haben.

Eine entsprechende Selektion fand auch in der aktuellen Studie statt, in der das Durchschnittsalter mit 55 Jahren relativ niedrig und Komorbiditäten kaum vorhanden waren. Schon bei Patienten mit persistierendem Vorhofflimmern ist die der Initiierung und Perpetuierung der Arrhythmie zugrunde liegende Pathophysiologie viel komplexer und die Erfolgsrate der Ablation deutlich schlechter - vom lang anhaltenden persistierenden Vorhofflimmern ganz zu schweigen.

Auch ist die Ablation von einer idealen, dem Patienten "Heilung" versprechenden Therapie weit entfernt. Ohne Zweifel ist sie in ihrer Wirksamkeit besser als die medikamentöse Therapie mit Antiarrhythmika. Allerdings ist es auch in der aktuellen Studie, in der zumeist erfahrene Ablationsspezialisten mit hoher Expertise die Behandlung vornahmen, nur bei jedem zweiten Patienten gelungen, rezidivierende Arrhythmie-Episoden vollständig zu eliminieren.

Der Wunsch von Patienten, durch die Katheterablation von der Lästigkeit einer Langzeit-Antikoagulation erlöst zu werden, muss deshalb leider Wunsch bleiben.

Lesen Sie dazu auch den Hintergrund: Vorhofflimmern: Katheterablation auf Erfolgskurs

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