Kälteschlaf verbessert offenbar die Prognose bei intrazerebralen Blutungen

Erste Daten deuten auf bessere Überlebenschancen bei einer Abkühlung auf 35 Grad Körperkerntemperatur.

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Bei akuten Hirnschädigungen wie Schädel-Hirn-Trauma, globaler und fokaler zerebraler Ischämie habe sich die kontrollierte Abkühlung des Organismus experimentell und klinisch bereits bewährt. Darauf hat Privatdozent Dr. Rainer Kollmar aus Erlangen beim Neurologen-Kongress in Hamburg hingewiesen.

Nach bisherigen Erkenntnissen habe die Hypothermie einen neuroprotektiven Charakter. Sie greife in viele pathophysiologische Vorgänge ein und stelle somit einen Schutz zerebralen Gewebes nach initialer Schädigung dar. "So profitierten Patienten nach Herz-Kreislauf-Stillstand in zwei großen klinischen Studien von der milden therapeutischen Hypothermie und überlebten mit einem besseren neurologischen Status", sagte Kollmar.

Die Hypothermie kann ersten Studien zufolge auch sekundär-pathologische Prozesse bei intrazerebralen Blutungen beeinflussen. Zu diesen Prozessen zählen Apoptose, Entzündungen und Hirnschwellung.

Klinisch wird die Methode jetzt in der Studie HyDe-H geprüft. Hierbei werden prospektiv und multizentrisch 150 Patienten mit intrazerebralen Blutungen entweder per Hypothermie, mit chirurgischer Dekompression oder konservativer Standardtherapie behandelt. In der Hypothermiegruppe werden die Patienten mittels endovaskulär verabreichter Kochsalzlösung auf 35 Grad Körperkerntemperatur abgekühlt und nach 10 Tagen über 24 Stunden wiedererwärmt. Patienten der Dekompressionsgruppe werden mit einer Hemikraniektomie auf der Seite der Blutung behandelt. Primärer Endpunkt der Studie ist der Grad der Behinderung nach der Modified Rankin Scale (MRS), sekundäre Endpunkte sind etwa die Mortalität nach 30 Tagen und nach 6 Monaten.

In der Hypothermie-Gruppe wurden bereits die ersten fünf Patienten behandelt. Sie hatten im Mittel eine 52 ml große intrazerebrale Blutung. Alle haben überlebt, bei keinem Patienten ist es zu einem kritischen Anstieg des Hirndrucks gekommen. "Wir hoffen, mit der Studie eine deutlich reduzierte Sterberate durch Hypothermie bei intrazerebralen Blutungen nachweisen zu können", sagte Kollmar. (ugr)

HyDe-H steht für Hypothermie und Dekompression nach großer intrazerebraler Blutung

Therapie bei Hirnblutungen

Bei intrazerebralen Blutungen gibt es bislang noch keine sicher wirksame Behandlung. Die Prognose ist recht ungünstig: Im den ersten 30 Tagen nach dem Ereignis stirbt die Hälfte der Betroffenen - davon stirbt wiederum jeder Zweite innerhalb der ersten 48 Stunden. Ungünstige prognostische Faktoren sind das initiale Volumen der Blutung (größer als 35 ml) und ein Hydrocephalus. Selbst die am besten untersuchte Therapie, die chirurgische Evakuation lobärer Blutungen, hatte in Studien bislang keinen Vorteil für die Patienten. (ugr)

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