Der Standpunkt zur PFO-Therapie

Kein Ruhmesblatt der Forschung

Der Katheter-Verschluss des offenen Foramen ovale erfreut sich seit Jahren vor allem in den USA zunehmender Beliebtheit - trotz fehlender Zulassung und Evidenz. Für die Forschung ist das kein Ruhmesblatt, meint Peter Overbeck.

Veröffentlicht:

Peter Overbeck ist stellv. Ressortleiter im Ressort Medizin. Schreiben Sie ihm: peter.overbeck@ springer.com

Die Klärung der Frage, ob sich durch kathetergeführten Verschluss eines offenen Foramen ovale (PFO) bei Patienten mit kryptogenem Schlaganfall erneute Schlaganfälle verhindern lassen, zählt sicher nicht zu den glorreichen Kapiteln in der Geschichte der Herzforschung.

Seitdem ein Verschluss mit per Katheter eingebrachten Okkluder-Systemen möglich wurde, hat das Verfahren in der Praxis einen Aufschwung genommen.

Obwohl etwa in den USA keine Zulassung für die Schlaganfall-Prophylaxe bei PFO besteht, ist die OffLabel-Anwendung ständig erweitert und auch von den Kostenträgern erstattet worden.

Allein zwischen 1998 und 2004 ist Berichten zufolge die jährliche Zahl der Eingriffe um das 50-Fache angestiegen.

Die Forschung hat damit nicht Schritt gehalten. Lange Zeit gab es nur unkontrollierte Beobachtungs- oder Registerdaten. Die scheinen aber die Überzeugung vom Nutzen des PFO-Verschlusses in den Köpfen der Ärzte bereits fest zementiert zu haben.

Als vor etwa zehn Jahren endlich die ersten randomisierten Studien gestartet wurden, ging es mit der Rekrutierung mehr als schleppend voran. Als Grund wurde vor allem die Unwilligkeit von Ärzten ausgemacht, Patienten in die Studien einzuschleusen.

Auch flehende Appelle von Fachgesellschaften halfen da nicht viel. Experten sahen es mit Sorge. Sie befürchteten, dass wegen der ärztlichen Zurückhaltung vor allem Patienten mit niedrigem Schlaganfall-Risiko in die Studien gelangen würden.

Tatsächlich sind die Ereignisraten in den drei jetzt vorliegenden randomisierten Studien deutlich niedriger als erwartet. Das hat ihre wissenschaftliche Beweiskraft erheblich eingeschränkt.

Von einer überzeugenden Evidenz für die Überlegenheit der Okkluder-Therapie im Vergleich zur medikamentösen Prophylaxe kann nicht die Rede sein.

Es wäre schon traurige Ironie der Forschungsgeschichte, wenn ausgerechnet der auf fragwürdiger Basis gründende Glaube an den Nutzen dieser Therapie ein Grund ist, der einen wissenschaftlichen Maßstäben genügenden Nachweis, dass diese Therapie von Vorteil ist, torpediert hat.

Lesen Sie dazu auch: Offenes Foramen ovale: Katheter-Verschluss durchgefallen

Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

„ÄrzteTag“-Podcast

Was steckt hinter dem Alice-im-Wunderland-Syndrom, Dr. Jürgens?

Stabile Erkrankung über sechs Monate

Erste Erfolge mit CAR-T-Zelltherapien gegen Glioblastom

Lesetipps
Die Empfehlungen zur Erstlinientherapie eines Pankreaskarzinoms wurden um den Wirkstoff NALIRIFOX erweitert.

© Jo Panuwat D / stock.adobe.com

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert

Gefangen in der Gedankenspirale: Personen mit Depressionen und übertriebenen Ängsten profitieren von Entropie-steigernden Wirkstoffen wie Psychedelika.

© Jacqueline Weber / stock.adobe.com

Jahrestagung Amerikanische Neurologen

Eine Frage der Entropie: Wie Psychedelika bei Depressionen wirken