Offenes Foramen ovale

Katheter-Verschluss durchgefallen

Profitieren Patienten mit kryptogenem Schlaganfall und offenem Foramen ovale von einem Verschluss dieser Öffnung per Katheter zwischen beiden Vorhöfen? Zwei Studien sollten Antworten darauf finden - allerdings ohne großen Erfolg.

Peter OverbeckVon Peter Overbeck Veröffentlicht:
Platzierung eines per Katheter eingebrachten Occluder-Systems zum Verschluss eines offenen Foramen Ovale.

Platzierung eines per Katheter eingebrachten Occluder-Systems zum Verschluss eines offenen Foramen Ovale.

© St. Jude Medical

MIAMI. Jeder vierte Mensch lebt mit einem offenen Foramen ovale als Überbleibsel aus der Zeit als Fötus.

Dieser "Kurzschluss" zwischen beiden Herzvorhöfen steht in dem Verdacht, bei Menschen, die aus nicht auszumachenden Gründen oft schon in jungen Jahren einen Schlaganfall erleiden, ein ursächlicher Faktor zu sein.

Tatsächlich konnte gezeigt werden, dass Patienten mit einem solchen - auch als "kryptogen" bezeichneten - Schlaganfall in der Hälfte aller Fälle ein persistierendes Foramen ovale (PFO) aufweisen. Das allein ist aber noch kein hinreichender Beweis für eine kausale Beteiligung.

Schon vor mehr als drei Jahrzehnten gelang der erste interventionelle Verschluss eines Vorhofseptumdefektes. Seitdem hat sich der kathetergeführte PFO-Verschluss mithilfe schirmförmiger Occluder-Systeme zu einer häufig genutzten Routineprozedur mit einem relativ niedrigen Komplikationsrisiko entwickelt, die weitere Schlaganfälle verhindern soll.

Die bislang vorliegenden Studiendaten ließen allerdings einen klinischen Vorteil dieser interventionellen Therapie im Vergleich zur medikamentösen Sekundärprophylaxe eher vermuten, als dass sie ihn überzeugend belegen konnten. Es mangelte an prospektiven randomisierten kontrollierten Studien.

Trotz negativer Ergebnisse weiter Hoffnung

Das änderte sich erst, als im November 2010 die mit 900 Teilnehmern in Nordamerika durchgeführte CLOSURE-I-Studie präsentiert wurde. Leider sorgte sie für enttäuschte Gesichter.

Denn das Ergebnis war, dass die Zahl erneuter Schlaganfälle oder TIAs durch den PFO-Verschluss im Vergleich zur medikamentösen Therapie nicht signifikant verringert wurde. Mit rund drei Prozent war die Schlaganfallrate nach zwei Jahren in beiden Gruppen sehr niedrig und nicht signifikant unterschiedlich.

Natürlich fanden Kritiker auch an dieser Studie zahlreiche Schwachstellen, darunter die quälend langsame Rekrutierung der Patienten, die sich negativ auf die statistische Teststärke der Studie ausgewirkt habe.

Auch die Studienautoren schlossen trotz der negativen Ergebnisse die Möglichkeit nicht aus, dass die Occluder-Therapie bei einigen Patienten eventuell doch von Vorteil sein könnte.

Der gespannte Blick der Experten richtete sich nun vor allem auf die RESPECT-Studie, die mit 980 Teilnehmern etwas größer war als CLOSURE-I.

Ihre Ergebnisse sind jetzt zusammen mit denen der kleineren, zum Teil in Europa durchgeführten, PC-Studie bei Kongress TCT 2012 (Transcathether Cardiovascular Therapeutics) in Miami vorgestellt worden.

Fragezeichen bei der Reduktion der Schlaganfälle

In beiden Studien ist bei Patienten mit kryptogenem Schlaganfall der PFO-Verschluss mithilfe des Amplatzer-PFO-Occluders (St. Jude Medical) mit einer medikamentösen Sekundärprävention verglichen worden.

Die Ergebnisse beider Studien sind - im einen Fall mehr, im anderen vielleicht etwas weniger - erneut eine Enttäuschung.

Nicht zu rütteln ist am negativen Ausgang der PC-Studie, an der 414 Patienten beteiligt waren. Trotz einer numerischen relativen Reduktion primärer Endpunkte (Tod, Schlaganfall, TIA, periphere Embolie) um 37 Prozent erwies sich der Unterschied zugunsten des PFO-Verschlusses als nicht signifikant.

Hinter der auf den ersten Blick beeindruckenden relativen Reduktion von Schlaganfällen um gar 80 Prozent steht wegen fehlender statistischer Signifikanz ebenfalls ein großes Fragezeichen.

Anscheinend haben sich die Studienautoren bei der Planung verkalkuliert. Sie hatten in der Gruppe mit medikamentöser Therapie eine Ereignisrate von 12 Prozent in vier Jahren antizipiert.

Real war diese dann mit 5,2 Prozent nicht einmal halb so hoch - was die statistische "power" auch dieser Studie erheblich geschmälert hat.

Darüber, in welchem Maße die Ergebnisse der RESPECT-Studie als positiv oder negativ auszulegen sind, dürfte sicher noch viel diskutiert werden.

Weitere Studien nötig

Eines aber steht fest: Die als maßgeblich geltende Intention-To-Treat-Analyse ergab auch in dieser Studie beim primären Endpunkt (alle ischämischen Rezidiv-Schlaganfälle) keinen signifikanten Unterschied zwischen Occluder und medikamentöser Prophylaxe - trotz numerischer relativer Reduktion um 46,6 Prozent (9 versus 16 Ereignisse).

Dabei beließen es die Autoren aber nicht. Sie nutzten zur Datenauswertung weitere Analysemethoden wie die "Per-Protocol"- und "As Treated"-Analyse.

Bei Anwendung dieser Methoden ergab sich dann doch ein jeweils signifikanter Unterschied zugunsten der interventionellen Therapie, wobei die relative Risikoreduktion nun zwischen 63,4 Prozent (6 versus 14 Ereignisse) und 72,7 Prozent (5 versus 16 Ereignisse) betrug.

Ist damit endlich der Beweis für die Überlegenheit der Occluder-Therapie erbracht worden? Das darf bezweifelt werden. Experten sehen die Bedeutung solcher sekundärer Analysen bestenfalls darin, neue Hypothesen zu generieren, die dann in einer adäquat konzipierten Studie zu prüfen sind.

Ob allerdings ein Unternehmen nach den bisherigen Erfahrungen bereits sein wird, den Mut und die finanziellen Mittel für eine solche Studie aufzubringen, wird sich zeigen müssen. Derzeit läuft mit REDUCE noch eine weitere Studie.

Zu erwarten ist, dass der nächste Schritt eine Analyse der kombinierten Daten aller drei randomisierten kontrollierten Studien sein wird, die ja alle zumindest einen positiven Trend ergeben haben. Dann könnten die Ergebnisse womöglich etwas besser aussehen.

Lesen Sie dazu auch den Standpunkt: Kein Ruhmesblatt der Forschung

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