Fallgeschichte

Schluckauf war Quälgeist und Lebensretter zugleich

Bei einem 60-jährigen Mann war der anhaltende Schluckauf zwar sehr lästig, aber gleichzeitig der einzige Hinweis auf einen lebensbedrohlichen Zustand.

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WYNNEWOOD. Hätte er sich nicht wegen eines bereits seit drei Tagen anhaltenden Schluckaufs in die nächstgelegene Klinik begeben, hätte es für einen 60-jährigen Mann böse ausgehen können. Insofern konnte er dem lästigen Begleiter eigentlich richtig dankbar sein.

Doch von vorn: Fünf Tage zuvor hatte sich der Patient wegen einer rupturierten Patellasehne einer elektiven Knieoperation unterzogen (Am J Med 2017, online 8. September). Der Eingriff verlief zur Zufriedenheit, bis auf die Tatsache, dass sich zwei Tage später ein hartnäckiger Schluckauf einstellte, der sich jedem Hausmittel widersetzte. Nach drei Tagen war der Mann verzweifelt genug, um sich zur nächstgelegenen Klinik, dem Lankenau Medical Center in Wynnewood, Pennsylvania, aufzumachen. In der dortigen Notaufnahme erbrachte die Routineuntersuchung zunächst keine Auffälligkeiten.

Die Blutwerte inklusive kardiologischer Biomarker waren im Normbereich, das EKG zeigte einen normalen Sinusrhythmus mit einer Herzfrequenz von 82 pro Minute und auch das Röntgenbild wies keinen pathologischen Befund auf. Der Patient berichtete weder über Atemnot noch hatte er Brustschmerzen, Palpitationen oder Husten.

Weil die Ärzte angesichts der kurz vorher stattgefundenen Op dem Frieden nicht trauten, entschlossen sie sich zu einer Kontrast-CT-Untersuchung. Zum Glück, denn diese erbrachte in der rechten Lunge mehrere Emboli sowie angrenzend an die rechte Zwerchfellhälfte eine dreieckige Verschattung. Hier musste ein Infarkt stattgefunden haben, schlussfolgerten die Ärzte um Dr. Munveer Thind.

Ihrer Theorie nach hat wohl der Infarkt in der Lunge den Schluckauf ausgelöst: Durch die Nähe des betroffenen Lungenabschnitts zum Zwerchfell wurde wahrscheinlich der N. phrenicus oder der Zwerchfellmuskel stimuliert, was zu den ständigen Kontraktionen führte.

Die Ärzte taten gut daran, den resultierenden Schluckauf ernst zu nehmen und nach dessen Ursache zu forschen: "In einem entsprechenden Setting kann so ein harmloses Symptom durchaus auf ein bedrohliches pathologisches Geschehen hinweisen", so Thind und sein Team.

Nachdem sich der Verdacht auf eine Lungenembolie bestätigt hatte, erhielt der Patient zunächst ein niedermolekulares Heparin, später ein direktes orales Antikoagulans. Weil er auf das zur Symptomkontrolle verschriebene Chlorpromazin eine akute Dystonie entwickelte, wurde er auf Baclofen umgestellt. Zehn Tage nach Beginn der Antikoagulation war der Schluckauf bei dem Patienten verschwunden. (eo)

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