Kommentar
Programmiertes Missverständnis
Mit Meinungen kann man ganz schön falsch liegen. Das belegt nicht nur die Anekdote über das alte Ehepaar, das sich jeden Morgen ein Brötchen teilt: Er gibt ihr immer liebevoll die von ihm bevorzugte krosse obere Hälfte und erfährt viele Jahre später, dass sie eigentlich viel lieber die untere gehabt hätte. Bei Antibiotika-Verordnungen scheint es gelegentlich ähnlich zu sein: Die Meinung, Patienten erwarten die Mittel auch bei banalen Erkältungen, verleitet manchmal dazu, sie auch wider besseres Wissen zu verordnen.
Dass diese Erwartungshaltung bei den meisten Deutschen gar nicht da ist, wird jetzt eindeutig in einer Umfrage von Robert Koch-Institut und Charité belegt. Die Befragten sind darin erstaunlich pragmatisch: Über 90 Prozent wollen Antibiotika nur einnehmen, wenn sie unbedingt notwendig sind. Und das, obwohl viele meinen, die Mittel könnten ihnen bei einer Erkältung eigentlich gut helfen. Die weitaus meisten trauen ihrem Arzt aber eine sichere Entscheidung darüber zu, ob ein Antibiotikum bei einer akuten Krankheit sinnvoll ist. Wer das seinen Patienten auch gut erklärt, wird bei der überwältigenden Mehrheit von ihnen auf Verständnis stoßen.
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