Otitis externa nach dem Badespaß

Wer sich im Schwimmbad häufig im Wasser aufhält, hat ein fünffach erhöhtes Risiko, dass es zu einer Entzündung im äußeren Gehörgang kommt. Besonders vorsichtig sollten Diabetiker und Träger von Hörgeräten sein.

Von Christine Lindengrün Veröffentlicht:
Feuchte Umgebung beim Schwimmen begünstigt Otitiden.

Feuchte Umgebung beim Schwimmen begünstigt Otitiden.

© M. Ernert, Heidelberg

NEU-ISENBURG. Jetzt ist wieder Schwimmbad-Saison und damit auch Otitis-externa-Saison. Denn heiße und feuchte Umgebung begünstigt bekanntlich die Entstehung der Otitis externa.

Cerumen, geläufig als Ohrenschmalz bezeichnet, schützt die Haut des äußeren Gehörgangs, hält sie geschmeidig und wirkt wasserabweisend. Außerdem herrscht in diesem Bereich ein leicht saures Milieu, das Bakterienwachstum vermindert.

Im Badewasser, besonders in ungechlorten Pools und verschmutzten Badeseen, leben aber pathogene Bakterien, die diese Schranken überwinden können. Pseudomonaden halten sich sogar im gechlorten Wasser auf.

Die gängigste Form der Außenohrentzündung, die Otitis externa diffusa, ist daher eine typische Sommererkrankung und wird auch Bade-Otitis oder Schwimmbad-Otitis genannt.

Begünstigend für die Entwicklung einer Otitis externa wirken Fremdkörper im Ohr, etwa Hörgeräte, auch Cerumen-Pfropfen, Hautläsionen sowie Grunderkrankungen mit verminderter Immunabwehr wie Diabetes mellitus.

Meist Bakterien die Verursacher

Eine Besonderheit, die vor allem bei Wassersportlern beobachtet wird, ist die Gehörgangsexostose, auch Schwimmer-, Surfer- oder Taucher-Ohr genannt. Es handelt sich dabei um knöcherne Verengungen des äußeren Gehörgangs.

Man vermutet, dass der Aufenthalt im kalten Wasser auf Dauer ein Wachstumsreiz für das angrenzende Knochengewebe ist. Solche Exostosen sind ebenfalls ein prädisponierender Faktor für Entzündungen, da eingedrungenes Wasser nicht abfließen kann.

Verursacher der Otitis externa sind meist Bakterien, seltener Viren und Pilze. Auch dermatologische Erkrankungen können zugrundeliegen. Es werden drei Formen unterschieden: Otitis externa diffusa, Otitis externa circumscripta sowie Otitis externa necroticans.

Die Badekrankheit Otitis externa diffusa kann durch ein Ekzem verursacht sein. Weitaus häufiger sind aber bakterielle Infektionen durch Pseudomonas aeruginosa oder Staphylococcus aureus.

Charakteristisch sind Ohrenschmerzen nach dem Schwimmen ohne vorangehende Rhinitis. Druck auf den Tragus oder Ziehen an der Ohrmuschel sind für den Patienten schmerzhaft.

Erstmal Ohr reinigen

Die Therapie besteht zunächst in einer gründlichen Reinigung des Gehörgangs mit dem Ohrsauger. Solange der Gehörgang geschwollen ist, wird ein medikamentös getränkter Gazestreifen eingelegt, der täglich gewechselt und ständig feucht gehalten werden soll.

Sobald der Gehörgang abgeschwollen ist, geht man auf Lokaltherapie mit Ohrentropfen über.

Als Wirkstoffe kommen Antiseptika und topische Antibiotika in Frage. Antiseptische Mittel wirken sehr breit. Sie enthalten aber häufig Alkohol und verursachen brennende Schmerzen. Eine vielversprechende Alternative sind wasserlösliche körpereigene Substanzen (N-Chlortaurin).

Allerdings gibt es nur wenige Studien zur Wirksamkeit von Antiseptika bei Otitis externa. Chlorhexidin und Octenidin sind innenohrtoxisch. Sie dürfen nicht bei Trommelfellperforationen verwendet werden.

Die häufigsten Erreger der Otitis externa diffusa lieben einen pH-Wert von 6,5-7,3. Mit sauren Substanzen wie Essigsäure oder Aluminiumazetat kann der pH-Wert im Gehörgang therapeutisch gesenkt werden.

Topische Antibiotika sollten in ihrem Wirkspektrum vor allem Pseudomonas aeruginosa und Staphylococcus aureus abdecken. Durch Substanzen mit Kortikoidzusatz schwillt der Gehörgang schneller ab.

In schweren Fällen orale Antibiotika

Bei schwerer Otitis externa mit geröteter Haut im Bereich der Ohrmuschel sind zusätzlich orale Antibiotika indiziert. Sie sollten auch eingenommen werden, wenn sich die Symptome durch die topische Therapie nicht bessern. Mittel der Wahl sind Chinolone.

Sollte eine Schmerzbehandlung notwendig sein, wird mit nichtsteroidalen Antiphlogistika behandelt. Bei Kindern können auch analgetische Ohrentropfen eingesetzt werden.

Bei schweren Verläufen mit starken Schmerzen sollte eine stationäre Behandlung erwogen werden.

Bei einer Otitis externa circumscripta handelt es sich um eine umschriebene Infektion am Eingang des Gehörgangs (Gehörgangfurunkel), ausgehend von einer Haarbalgentzündung.

Leichte Formen werden antiseptisch oder topisch antibiotisch behandelt; bei schweren Formen können zusätzlich orale Antibiotika und/oder Analgetika gegeben werden.

Bei Otitis externa necroticans kann es zum Ausfall von Hirnnerven kommen

Aus einer Otitis externa diffusa kann bei Infektion mit Pseudomonas aeruginosa eine Otitis externa necroticans entstehen.

Diese schwere Komplikation ist sehr selten und tritt vor allem bei älteren Patienten mit Diabetes mellitus oder bei immunsupprimierten Patienten auf.

Im Verlauf können Weichteile und Knochen, später Mittel- und Innenohr befallen werden. Im Spätstadium kann es zum Ausfall von Hirnnerven kommen.

Diagnostisch zeigen sich in der Ohrmikroskopie frei liegende bräunliche raue Knochenoberflächen. Das Ausmaß der Knochenzerstörung wird durch eine Computertomografie festgestellt, mittels Biopsie kann ein malignes Geschehen ausgeschlossen werden.

Therapeutisch werden zunächst Granulationen und Knochennekrosen abgetragen. Es folgt eine lokale und systemische Therapie mit Antibiotika in hoher Dosierung und Analgetika, gleichzeitig ein Erregernachweis mit Antibiogramm. Bei schweren Verläufen kann eine hyperbare Sauerstofftherapie helfen.

Die Otitis externa kann auch die Manifestation einer generellen Hauterkrankung sein, die sich besonders stark an der sehr empfindlichen Haut des Gehörgangs zeigt.

Hierzu zählen hauptsächlich Ekzeme, Erysipel, Perichondritis, Otomykosen, Herpes simplex- und Herpes zoster-Infektionen. Auch Allergien und Autoimmunerkrankungen kommen als Auslöser in Frage.

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