Münze verschluckt

Wann muss der Fremdkörper raus?

Dass Kleinkinder einen Gegenstand verschlucken, ist keine Seltenheit. Manchmal kann man einfach den natürlichen Durchlauf abwarten. Manchmal aber muss der Fremdkörper auch sofort entfernt werden. Australische Kollegen haben eine Entscheidungshilfe.

Veröffentlicht:
Mund auf.

Mund auf.

© Dan Race / fotolia.com

SYDNEY. Die Kleinsten erfahren ihre Welt durch den Mund. Nicht selten werden dabei Gegenstände verschluckt. Ob und wie schnell eine medizinische Intervention nötig ist, hängt in erster Linie von der Art des Gegenstandes ab, vom Ort, an dem er stecken bleibt, von der Dauer, die er dort verbracht hat und nicht zuletzt natürlich von der Symptomatik.

In einem qualitativen Review fassten australische Wissenschaftler die Ergebnisse aus 17 Studien mit insgesamt 5559 Kindern im Alter von einem Monat bis 18 Jahren zusammen. Drei Viertel aller Kinder, die einen Fremdkörper verschlucken, sind jünger als vier Jahre.

Mit Abstand am häufigsten (70 Prozent) handelt es sich dabei um Münzen. Aber auch kleine Spielzeuge, Murmeln, Batterien und Radiergummis finden den Weg in den kindlichen Verdauungstrakt.

Ist der Fremdkörper zu groß, um den Ösophagus zu passieren, bleibt er meist schon im oberen Drittel stecken, 75 Prozent davon auf Höhe des Musculus cricopharyngeus (Int J Ped Otorhinolaryngol 2013; 77(3): 311).

Hat der Gegenstand allerdings erst einmal den Übergang von der Speiseröhre zum Magen überwunden, verlässt er den Körper meist ohne weitere Komplikationen auf natürlichem Weg.

Am häufigsten wurde in den Studien über gastrointestinale Symptome wie Erbrechen, Dysphagie, Kloßgefühl oder vermehrtem Speichelfluss berichtet.

Seltener traten respiratorische Probleme wie Husten, Stridor oder Erstickungsgefühle auf. Darüber hinaus gab es auch Fälle ohne jegliche Symptomatik.

Indikationen zum sofortigen Handeln

Je länger ein steckengebliebener Fremdkörper in einer Position verweilt, desto größer ist offenbar die Gefahr für Folgeschäden wie Verletzungen der Mukosa, Blutungen, Blockaden des Magenausgangs, Perforationen sowie verschiedene entzündliche Geschehen.

Insbesondere Knopfbatterien führen zu Komplikationen, wenn sie nicht sofort entfernt werden. Heute vermutet man, dass weniger auslaufende alkalische Substanzen den Schaden anrichten, als vielmehr ein Stromfluss, der im gastrointestinalen Gewebe in Gang kommen kann.

Durch Hydrolyse von Gewebeflüssigkeit kommt es zur Freisetzung negativ geladener Hydroxidionen. Kritisch sind auch scharfe Gegenstände wie etwa offene Sicherheitsnadeln oder spitze Knochen (zum Beispiel vom Hühnchen), die zu Perforationen führen können.

Doch auch stumpfe Gegenstände wie Münzen, die eigentlich als weniger gefährlich gelten, können gelegentlich großen Schaden anrichten. So verstarb ein Kind nach Verschlucken eines Geldstückes an einer Darmperforation.

Entfernung meist endoskopisch

Die Fremdkörper konnten meist mittels Zange, Foley-Katheter oder Bougierung entfernt werden. Eine Methode der Wahl je nach Art des Fremdkörpers ließ der Studienüberblick nicht erkennen.

Zur erfolgreichen Entfernung einer Münze beispielsweise wurden sowohl die Bougierung als auch die Zange und der Foley-Katheter empfohlen. Am häufigsten kamen insgesamt endoskopische Methoden zum Einsatz. Dabei erwiesen sich flexible Endoskope als besonders effektiv und schonend.

Hat ein verschluckter Gegenstand den Ösophagus passiert, kann man häufig beobachtend abwarten, bis das unverdauliche Teil den Körper auf natürlichem Weg wieder verlässt.

Möglichst schnell muss ein Fremdkörper allerdings entfernt werden, wenn es sich um eine Knopfbatterie, einen Magneten oder einen scharfen beziehungsweise stechenden Gegenstand handelt, die Atemwege bedroht sind oder der Gegenstand schon länger als 24 Stunden feststeckt.

Magneten wurden zwar in den Studien nicht untersucht, die Autoren betonen aber, dass auch sie wegen drohender Komplikationen unbedingt entfernt werden sollten, vor allem dann, wenn mehrere Magnetteile oder weitere Metallteile verschluckt wurden. (St)

Mehr zum Thema

Unlauterer Wettbewerb

Demenz-Vorsorge mit Hörgerät? Wettbewerbszentrale mahnt ab

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert

Lesetipps
Gefangen in der Gedankenspirale: Personen mit Depressionen und übertriebenen Ängsten profitieren von Entropie-steigernden Wirkstoffen wie Psychedelika.

© Jacqueline Weber / stock.adobe.com

Jahrestagung Amerikanische Neurologen

Eine Frage der Entropie: Wie Psychedelika bei Depressionen wirken

Gesundheitsminister Lauterbach hat angekündigt, den Entwurf für die Klinikreform am 8. Mai im Kabinett beraten lassen zu wollen. 

© picture alliance / Geisler-Fotopress

Großes Reformpuzzle

So will Lauterbach den Krankenhaus-Sektor umbauen