Schwerhörigkeit
Zu wenig Otoferlin: Da ermüdet das Hören
Göttinger Forscher haben die Ursache einer seltenen Form von Schwerhörigkeit identifiziert. Bei Betroffenen ist das Hören "müde".
Veröffentlicht:GÖTTINGEN. Die Ursachen für eine seltene erbliche Schwerhörigkeit haben jetzt Göttinger Forscher aufgedeckt. Menschen mit dieser ungewöhnlichen Hörstörung können zwar leise Töne fast genauso gut wahrnehmen wie Normalhörende, aber gesprochene Sprache kaum verstehen. Gleichbleibend laute Töne nehmen sie als leiser werdende Töne war. Das Hören ist "müde".
Ursächlich für eine solche Hörstörung ist eine beeinträchtigte Signalübertragung von den Sinneszellen des Innenohrs auf den Hörnerv, teilt die Universitätsmedizin Göttingen zur Veröffentlichung der Studienergebnisse mit.
Diagnose: Auditorische Synaptopathie
Die für das Hören wichtige Signalübertragung finde an Synapsen statt, die das Protein "Otoferlin" benötigen.
Für ihre Studien nutzten die Forscher verschiedene genetische Veränderungen in Mäusen, um einer synaptischen Schwerhörigkeit ("auditorische Synaptopathie") auf die Spur zu kommen. In einem Fall war ein Baustein in Otoferlin verändert worden, im anderen Fall wurde der Einbau von Otoferlin in die Zellmembran gestört.
Beide Studien ergaben, dass die verminderte Menge von Otoferlin in der Zellmembran von Sinneszellen dazu führt, dass die synaptische Übertragung zu schnell ermüdet (The EMBO Journal 2016, 35(23):2536-2552, und 35(23):2519-2535).
Ideen für spezielle Hörhilfen
"Wir verstehen jetzt, warum normale Hörgeräte bei diesen Patienten keine Verbesserung für das Verstehen von Sprache bringen. Und wir haben Ideen, wie man Hörhilfen speziell für diesen Fall entwickeln könnte", wird Dr. Nicola Strenzke zitiert, Leiterin der Arbeitsgruppe für auditorische Systemphysiologie in der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde der Universitätsmedizin Göttingen (UMG).
"Je besser wir die Signalübertragung von der Sinneszelle auf die Nervenzelle verstehen, desto näher kommen wir einer Gentherapie bei bestimmten Hörproblemen", ergänzt Dr. Ellen Reisinger, Leiterin der Arbeitsgruppe für Molekularbiologie Cochleärer Neurotransmission der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde der UMG. (eb)