Gibt es ein Süd-Nord-Gefälle bei Schilddrüsen-Krankheiten? Nein!

MÜNCHEN (sto). Ein Süd-Nord-Gefälle bei Schilddrüsenkrankheiten, wie angenommen, gibt es nicht. Jedes Bundesland hat ähnlich viele Schilddrüsenkranke: Betroffen ist etwa jeder dritte Erwachsene bis 65. Das ergab die weltweit bislang größte epidemiologische Erhebung, die Schilddrüsen-Initiative Papillon. Bei rechtzeitiger Diagnose kann eine Struma oft medikamentös beeinflußt werden, etwa mit einer Kombinationstherapie aus Jodid und L-Thyroxin.

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Papillon ist eine Initiative vieler Fachgesellschaften und Berufsverbände. Unterstützt wird die Initiative von der Sanofi-Aventis-Gruppe. In Papillon sind Daten zu Schilddrüsenkrankheiten und Therapien, etwa von Struma-Patienten, erhoben worden.

Eine vergrößerte Schilddrüse, Knoten oder beides wurden bei 33 Prozent der fast 100 000 in Papillon 1 untersuchten Frauen und Männer festgestellt. Die Teilnehmer waren zwischen 18 und 65 Jahre alt. Daran erinnerte die Endokrinologin Professor Petra-Maria Schumm-Draeger vom Krankenhaus München-Bogenhausen beim 1. Münchner Schilddrüsenseminar auf dem Nockherberg, zu der die Gruppe eingeladen hatte.

Erkrankungen der Schilddrüse ha-ben eine erhebliche gesundheitspoli-tische Bedeutung, erklärte Schumm-Draeger. Jährlich werden in Deutsch-land etwa 100  000 Patienten an der Schilddrüse operiert und 60  000 mit einer Radiojodtherapie behandelt, weil die Erkrankung zu spät diagnos-tiziert wurde. Bei rechtzeitiger Diagnose könne fast immer medikamentös behandelt werden. Bei Struma etwa wird eine Therapie mit Jodid und L-Thyroxin im Verhältnis 2 zu 1 empfohlen, zum Beispiel mit 150 µg Jodid und 75 µg L-Thyroxin.

Nach den Daten von Papillon gibt es nur geringe regionale Unterschiede: Mit einem Anteil von 38 Prozent lagen die neuen Bundesländer und Berlin an der Spitze. Der im Vergleich niedrigste Wert wurde in Nordrhein-Westfalen und Hessen erhoben, wo bei 31 Prozent der Untersuchten Schilddrüsenveränderungen festgestellt wurden. Die Vorstellung, daß es bei den Schilddrüsenerkrankungen ein Süd-Nord-Gefälle gibt, sei damit eindeutig widerlegt, sagte Schumm-Draeger.

Auch hinsichtlich des Geschlechts wurden keine allzu großen Unter-schiede gefunden. Bei 34 Prozent der Frauen und 32 Prozent der Männer wurden Schilddrüsenveränderungen festgestellt. Bei Frauen waren Knoten bei normal großer Schilddrüse mit 17 Prozent etwas häufiger als bei Män-nern (12 Prozent). Schilddrüsenvergrößerungen ohne Knoten waren dagegen bei Männern mit 12 Prozent häufiger als bei Frauen (8 Prozent).

Die Rate der Befunde nimmt mit dem Alter zu: Ab dem 45. Lebensjahr hat jede zweite Frau einen Schilddrüsenbefund, bei den Männern sind es etwa 42 Prozent. Doch auch bei den 18 bis 30jährigen Frauen wurden bereits bei knapp 15 Prozent Schilddrüsen-Veränderungen gefunden (Männer: 13 Prozent).

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