HIV-Infektionsrisiko nach Amoklauf sehr gering

BERLIN (gvg). "Extrem gering", so schätzen Ärzte der Berliner Charité das Risiko ein, daß der Berliner Amokläufer bei der Eröffnung des neuen Hauptbahnhofs mit seinem Messer das HI-Virus übertragen hat.

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Nach dem Amoklauf (die "Ärzte Zeitung" berichtete) haben sich insgesamt 71 Menschen bei den Ärzten der Charité gemeldet. Davon hatten 21 eine Stichverletzung, und 35 waren als Helfer in direkten Kontakt mit dem Blut eines oder mehrerer Verletzter gekommen.

Von Nadelstichverletzungen sei bekannt, daß es in etwa drei von 1000 Fällen zur Virusübertragung komme, wenn die Nadel zuvor Kontakt zu dem Blut HIV-positiver Menschen hatte, sagte Dr. Dirk Schürmann von der Klinik für Infektiologie der Charité Berlin im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".

Zwar sei es möglich, daß das Risiko bei tieferen Wunden, die ein Messer verursacht, höher ist. "Es gibt aber zwei Faktoren, die eine Übertragung im konkreten Fall unwahrscheinlicher machen", so Schürmann.

Zum einen sei davon auszugehen, daß es durch Abwischeffekte, zum Beispiel an der Kleidung, zu einem Verdünnungseffekt gekommen sei. Zum anderen habe die Virus-Menge im Blut des HIV-Infizierten, der eines der ersten Opfer des Messerstechers war, nur wenig über der Nachweisgrenze von 50 HIV-RNA-Kopien pro Milliliter Serum gelegen.

"Wir haben bei allen Verletzten mit einer vierwöchigen Prophylaxe mit einer antiretroviralen Dreierkombination begonnen", so Schürmann. Verabreicht werden mit Ritonavir verstärktes Lopinavir und die Fixkombination aus Lamivudin plus Azidothymidin. Die Tageskosten für die medikamentöse Therapie liegen pro Patient bei etwa 45 Euro.

Bei den Menschen, die nur Hautkontakt mit Blut hatten, sei die Übertragungswahrscheinlichkeit praktisch Null, so Schürmann. Hier wurde deswegen nur dann eine Prophylaxe angesetzt, wenn die Betroffenen ausdrücklich darauf bestanden.

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