Benjamin Breth ist einer der wenigen männlichen Medizinischen Fachangestellten. Seine Erfahrung aus der Arztpraxis: Es sollte mehr Männer in diesem Beruf geben.

Von Rebekka Höhl

Benjamin Breth arbeitet in einer Praxis mit Schwerpunkt HIV und hat noch viel vor: Er will sich irgendwann als Praxismanager selbstständig machen.

Benjamin Breth arbeitet in einer Praxis mit Schwerpunkt HIV und hat noch viel vor: Er will sich irgendwann als Praxismanager selbstständig machen.

© Foto: Thomas Nutt

Schon beim Betreten der Hamburger Arztpraxis mit dem Schwerpunkt HIV merkt man: Hier arbeitet der richtige Mann im richtigen Job. Denn Benjamin Breth schafft es, dass man sich von Anfang an gut aufgehoben fühlt. Und das liegt nicht nur an dem sympathischen Lächeln des Medizinischen Fachangestellten (MFA). Es ist die offene Art, mit der der 26-Jährige einem begegnet.

Dabei war Medizinischer Fachangestellter zuerst gar nicht sein Traumberuf. Er ist eher per Zufall zu seinem Ausbildungsplatz gekommen. "Ich hatte keinen Ausbildungsplatz gefunden und brauchte kurzfristig ein Praktikum", erzählt er. Da habe er kurzerhand bei einem Chirurgen angerufen und gefragt, ob er schon am nächsten Tag ein dreiwöchiges Praktikum bei ihm anfangen könne.

Breth hatte nicht nur Glück - der Chirurg sagte einfach am Telefon zu -, er hatte auch noch Spaß an dem Praktikum. Wohl einer der Gründe, warum der Arzt ihm gleich einen Ausbildungsplatz anbot. "Eigentlich hatte ich schon einen Vertrag als Bäcker unterschrieben." Aber bereits damals war er froh, dass er der Bäckerei absagen konnte. "Bäcker hätte auch gar nicht zu mir gepasst", sagt er schmunzelnd.

Bereut hat Breth seine Wahl in den über zehn Jahren, die er nun schon als MFA arbeitet, nicht. Besonders die ersten eineinhalb Jahre in der chirurgischen Praxis seien sehr interessant gewesen. "Während dieser Zeit bin ich durchweg im Op gewesen." Und da sich die Praxis mit Unfall- und Schönheitschirurgie beschäftigte, gab es einiges zu lernen.

Nicht so ganz einfach war hingegen die Zeit in der Berufsschule. "Ich war allein unter 25 Frauen. Schwänzen war da nicht möglich, das wäre ja sofort aufgefallen." Aber auch das sagt er mit einem Augenzwinkern. Wobei er eines bemängelt: Was die berufliche Praxis angehe, lerne man in der Berufsschule zu wenig.

Dass Breth in seiner bisherigen beruflichen Laufbahn immer wieder eine Menge Glück hatte, zeigt seine zweite berufliche Station. Noch während seiner Ausbildung rief ihn sein ehemaliger Hausarzt an. "Er brauchte jemanden, der seine Auszubildende durch die Ausbildungszeit führt." Also wechselte Breth nach seiner eigenen Ausbildung in die Praxis des Internisten.

Das erste halbe Jahr musste er sich erst einmal an den wesentlich ruhigeren Job gewöhnen. Dabei waren nicht nur die Abläufe neu. Neu für ihn war auch die Arbeit mit HIV-Patienten, denn der Internist führte eine HIV-Schwerpunktpraxis. Dabei war eines von Anfang an von Vorteil: dass Breth männlich ist. Viele HIV-Patienten fühlen sich von einem männlichen MFA besser verstanden, so die Erfahrung des Medizinischen Fachangestellten. Ob er sich wünschen würde, dass mehr Männer den Beruf des MFA ergreifen? Eine Frage, die er ganz klar mit ja beantwortet. Denn nicht nur in HIV-Schwerpunktpraxen, sondern auch in anderen Bereichen sei es für männliche Patienten angenehmer, auf einen Medizinischen Fachangestellten und nicht auf eine Frau zu treffen. Zum Beispiel gebe es in der Chirurgie häufig Patienten, die sich nur ungern vor einer Frau ausziehen wollten.

Mittlerweile lernt er seine zweite Auszubildende an

Was er noch aus seiner zweiten beruflichen Station mitgenommen hat? Die Freude daran, die eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten - besonders im Umgang mit den Patienten - weiterzugeben. Denn in der Hausarztpraxis lernte er seine erste Auszubildende an. Dann wechselte sein Chef in die Pharmaindustrie. Da es sich um eine Gemeinschaftspraxis handelte, kam einer seiner jetzigen Chefs, der Internist Stefan Hansen, dazu. Dieser behielt ihn auch gleich, als er ins Infektionsmedizinische Centrum Hamburg (ICH) Mitte wechselte. Dort lernt Breth mittlerweile die zweite Auszubildende an. Und da er hier noch viel mehr für die Organisation der Praxis vor Ort (das ICH hat drei Standorte und einen übergreifenden Praxismanager) zuständig ist, hat er das Praxismanagement für sich entdeckt: "Management ist mein Ding."

Aus diesem Grund studiert er seit eineinhalb Jahren berufsbegleitend. Sein Ziel: der Fachwirt im Sozial- und Gesundheitswesen. 2010 soll die Prüfung sein, und die, so glaubt er, wird alles andere als leicht. "Die Schule hat eine Durchfallquote von 80 bis 90 Prozent." Trotzdem hat man nicht den Eindruck, als habe Breth Angst vor der Prüfung. Immerhin geht er seit eineinhalb Jahren jeden Samstag von acht bis 17 Uhr in die Schule. "Am Sonntag will man dann nur noch ausschlafen." Die Kosten von rund 4000 Euro trägt er privat.

Aber neben seinem Abschluss hat der 26-Jährige ja auch noch ein Ziel: Breth möchte sich irgendwann als Praxismanager selbstständig machen. Kontakte zu anderen Praxen hat er zwar noch nicht. "Ich springe da ins kalte Wasser." Aber schon jede Menge Ideen zur Mitarbeitermotivation: zum Beispiel ein Prämiensystem für gute Leistungen.

Ziele, die zeigen, dass er in seinem Beruf aufgeht, aber auch nach neuen Herausforderungen sucht. Dabei gefällt es ihm in der Gemeinschaftspraxis von Stefan Hansen und PD Dr. Christian Hoffmann sehr gut. Die Kollegen und das Arbeitsklima seien top. "Das bekommst Du so nirgendwo sonst." Und da das Team aus zwei Ärzten, ihm, einer Auszubildenden und zwei Halbtagskräften besteht, sei das Aufgabengebiet sehr groß.

"Man nimmt jeden Patienten gedanklich mit nach Hause"

Anstrengend ist der Job manchmal allerdings schon: "Man nimmt jeden Patienten gedanklich mit nach Hause." Im Augenblick kämen zehn bis 15 Neuinfizierte pro Monat dazu. Um auf andere Gedanken zu kommen geht er drei bis vier Mal die Woche ins Fitnessstudio. Und zu Hause erfreut er sich seit Kurzem an seinem Aquarium.

Breth ist niemand, der einfach tatenlos zusieht. Es hat ihn zwar etwas Hartnäckigkeit und ein paar Anrufe gekostet, aber er hat es geschafft, dass die Pharmaindustrie der Praxis kostenlose Kondome zur Verfügung stellt. Jetzt steht für die Patienten eine mit Kondomen gefüllte Box an der Anmeldung. Nach Breths Erfahrung ist das Benutzen von Kondomen hin und wieder auch eine Frage des Geldes. Die Patienten nehmen das Angebot gerne an. Um die 2000 Kondome gebe die Praxis im Monat ab.

Zur Person

Benjamin Breth (26) hat seine Ausbildung in einer chirurgischen Praxis gemacht. Anschließend wechselte der Medizinische Fachangestellte in eine hausärztliche HIV-Schwerpunktpraxis. Seit ein paar Jahren arbeitet er im Infektionsmedizinischen Centrum Hamburg (ICH) Mitte und lernt derzeit seine zweite Auszubildende an. Neben dem Job studiert er mit dem Ziel, "Fachwirt im Sozial- und Gesundheitswesen" zu werden.

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