Aids-Konferenz rügt mangelndes Interesse

WIEN (dpa). Die 18. Internationale Aids-Konferenz geht auf Konfliktkurs mit der Politik: Zum Auftakt des Treffens in Wien haben internationale Experten ihre Forderung nach einem Zugang aller HIV- Infizierten zu medizinischer Versorgung bekräftigt.

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Hunderte Aktivisten demonstrierten am Samstag vor dem Beginn der Aids-Konferenz für eine besser Unterstützung Betroffener.

Hunderte Aktivisten demonstrierten am Samstag vor dem Beginn der Aids-Konferenz für eine besser Unterstützung Betroffener.

© dpa

Das im Jahr 2000 beschlossene Entwicklungsziel der Vereinten Nationen, dieses Ziel bis 2010 zu erreichen, ist gescheitert. "Wir haben ein ernstes Problem mit den Politikern, und wir sind hier, um es zu lösen", sagte Dr. Julio Montaner, Direktor der Internationalen Aids-Gesellschaft und Konferenzvorsitzende. Derzeit werden etwa 5 Millionen Menschen mit HIV-Infektion behandelt, während 11 bis 14 Millionen keinen Zugang zu Medikamenten haben.

Zudem beklagten viele Teilnehmer, dass nur wenige Spitzenpolitiker zu dem Kongress gekommen seien. Vor allem viele osteuropäische Regierungen hätten eine totale Gleichgültigkeit gegenüber der "AIDS 2010" gezeigt, erklärte Montaner. Es scheine, dass die Politiker in aller Welt das Interesse verloren und vergessen hätten, dass sie einmal ein Versprechen gemacht haben.

Nichtregierungsorganisationen zeigten sich besorgt über Gerüchte, dass Deutschland seine Aidshilfen kürzen will. Aus Regierungskreisen sei verlautet, die Bundesregierung wolle von 2012 an weniger in den "Global Fund" (GF) zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria einzahlen, hieß es. Dies wäre kein gutes Zeichen für andere Länder, da Deutschland seit 2007 der drittgrößte Geber des GF sei, hieß es aus der UN-nahen Organisation.

Nach Zahlen von UNAIDS waren im Jahr 2008 mehr als 33 Millionen Menschen infiziert. Allein in Afrika südlich der Sahara mit Ländern wie Somalia, Kongo oder Südafrika leben 67 Prozent aller Betroffenen. Ein umfassender Zugang zu Medikamenten bleibe "ein Kampf für menschliche Gerechtigkeit", sagte UNAIDS-Generaldirektor Michel Sidibé.

Zu der Konferenz, die alle zwei Jahre von der IAS mit Sitz in Genf organisiert wird, haben sich zahlreiche Prominente wie der ehemalige US-Präsident Bill Clinton und Microsoft-Chef Bill Gates angekündigt. Popsängerin Annie Lennox, die mit ihrer Aids-Kampagne "Sing" aktiv ist, war bei der Eröffnung dabei und trug ein T-Shirt mit der Aufschrift "HIV positive", um ihre Solidarität zu zeigen. Am Dienstag will sie einen Menschenrechtsmarsch anführen und anschließend ein Konzert geben.Wien wurde als Konferenzort gewählt, weil die Stadt Brücke nach Osteuropa ist. Die steigende Zahl HIV-Infizierter in der Region sowie in Zentralasien ist ein weiteres großes Thema der "AIDS 2010". Zudem werden neue Forschungsergebnisse vorgestellt und Finanzierungsmöglichkeiten im Kampf gegen HIV diskutiert. "In Afrika haben wir Geld für Fußball und Kriege, aber nicht, um das Gesundheitssystem zu finanzieren", sagte eine südafrikanische Aktivistin.

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