HIV-Therapie post partum

Das zweite "Mississippi-Baby"

"Hit hard and early" - direkt schon nach der Geburt? Diesen raschen Versuch gegen HIV haben US-Ärzte jetzt schon zum zweiten Mal bei einem "positiven" Baby getestet.

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Neues Leben erblickt die Welt (Archivbild): In den USA haben Ärzte ein Neugeborenes vor der Progression seiner HIV-Infektion geschützt.

Neues Leben erblickt die Welt (Archivbild): In den USA haben Ärzte ein Neugeborenes vor der Progression seiner HIV-Infektion geschützt.

© Getty Images/iStockphoto

BOSTON. Eine frühe antiretrovirale Therapie direkt nach der Geburt hat ein heute neun Monate altes Mädchen in den USA offenbar vor den Folgen einer HIV-Infektion geschützt. Zumindest sind bislang keine replikationsfähigen Viren nachweisbar, wie US-Ärzte am Mittwoch auf der "Conference on Retroviruses and Opportunistic Infections" (CROI 2014) in Boston berichtet haben.

Dieser Fall lässt erneut Hoffnungen aufkeimen, Kinder von HIV-positiven Müttern postpartal möglicherweise vor einer symptomatischen akuten "Infektion" mit dem humanen Immundefizienz-Virus schützen zu können.

Bereits vor einem Jahr war der Fall des "Mississippi-Babys" bekannt geworden, das auf ähnliche Weise direkt nach der Geburt vor HIV geschützt wurde. Dieses Kind ist mittlerweile dreieinhalb Jahre alt und "virusfrei".

Der jetzt vorgestellte Fallbericht liegt ähnlich. Das Kind war vor neun Monaten HIV-positiv nahe Los Angeles im US-Bundesstaat Kalifornien auf die Welt gekommen. Die Mutter litt seinerzeit bereits an einer fortgeschrittenen AIDS-Erkrankung.

Die dortigen Ärzte um die Pädiaterin Dr. Audra Deveikis begannen vier Stunden nach der Geburt eine antiretrovirale Therapie (ART) mit einem hoch dosierten Regime aus Zidovudin, Lamivudin und Nevirapin. Bis heute ist das Mädchen HIV-negativ. Die Therapie wird derweil fortgesetzt. Im Alter von zwei Jahren wollen die behandelnden Ärzte entscheiden, ob sie die Therapie stoppen.

In postpartalen Blutproben und im Liquor konnten die Ärzte direkt nach der Geburt Virus-RNA nachweisen, was für sie als Hinweis auf eine mögliche HIV-Infektion galt. Sechs Tage nach der Geburt - und dem Start der antiretroviralen Therapie - sank die Zahl der Viruskopien. Ab dem elften Tag lagen die Titer unter der Nachweisgrenze.

Die HIV-Spezialistin und Pädiaterin Dr. Deborah Persaud vom Johns Hopkins Children‘s Center in Baltimore warnt jedoch davor, Begriffe wir "Heilung" oder "Remission" für den Fall zu benutzen. Das Kind habe lediglich eine "Seroreversion" hin zum Status HIV-negativ gehabt, sagte sie Medienberichten zufolge auf der Konferenz in Boston.

Etwas optimistisch kann die Ärzte aber der Mississippi-Fall stimmen. Das Baby ist heute dreieinhalb Jahre alt und noch immer HIV-negativ, die Viren lassen sich nicht nachweisen (N Engl J Med 2013; 369: 1828-1835).

30 Stunden nach der Geburt wurde damals die ART gestartet - mit dem gleichen Regime wie im jüngst Fall aus Los Angeles. Zwei Jahre nach der Geburt stoppten die Ärzte in Mississippi die Therapie, ohne dass HIV-1 bis heute nachweisbar wäre.

Nach Angaben von Forschern beim CROI in Boston soll nun eine klinische Studie gestartet werden, in der die rasche postpartale ART bei bis zu 60 Kindern HIV-infizierter Mütter getestet werden soll.

Bis hieraus fundierte Ergebnisse vorliegen, werden jedoch noch etliche Jahre ins Land gehen. Ähnliche frühe Therapieversuche wie in Mississippi oder Los Angeles gebe es derzeit noch in Kanada und Südafrika. (nös)

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