HIV-Forschung

Erste funktionelle SIV-Heilung geglückt

Forscher aus Miami haben einen Affen vom HIV-Äquivalent SIV geheilt, indem sie dem Tier eine Art Bauanleitung für einen Antikörper geimpft haben.

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Monoklonale Antikörper sind effektiv, aber meist sehr teuer in der Herstellung.

Monoklonale Antikörper sind effektiv, aber meist sehr teuer in der Herstellung.

© ustas / stock.adobe.com

MIAMI. Eine Behandlung mit Antikörpern gegen HIV wird seit einiger Zeit als mögliche Strategie sowohl für die Behandlung als auch möglicherweise für eine funktionelle Heilung untersucht.

Das große Problem dabei ist, dass monoklonale Antikörper (monoclonal Antibody, mAb) sehr teuer in der Herstellung sind. Deutlich günstiger wäre es, wenn der Körper diese mAbs selbst herstellen würde. Genau das ist jetzt bei einem Affen gelungen, teilt das Portal HIV & More mit.

Der Forscher José Martinez-Navio von der University of Miami habe bestätigt, dass der Affe keine klassische HIV-Behandlung erhalten hatte, sondern zwei „therapeutische Impfungen“, die Gene enthalten, die zur Produktion von Antikörpern führen.

Eine Viruslast sei nun seit fast drei Jahren nicht nachweisbar, was als „funktionelle Heilung“ bezeichnet wird (HIVR4P 2018, Abstract OA13.05).

Impfstoff regt Produktion des Antikörpers an

Das Experiment mit einem therapeutischen Impfstoff sei durch ein vorhergehendes Experiment inspiriert worden, in dem zwei Affen einen präventiven Gentherapie-Impfstoff erhalten hatten, der die Produktion eines Antikörpers namens 5L7 gegen das Affen-HIV-Äquivalent SIV anregte.

Einer der beiden Affen sei trotz sechs intravenöser Infektionsversuche mit hochinfektiösem Virus über einen Zeitraum von über 3,5 Jahren infektionsfrei geblieben. Daher habe man untersuchen wollen, ob ein ähnlicher Impfstoff zur Heilung einer bestehenden Infektion eingesetzt werden könne.

Die Forscher schränken ein, der „Miami-Affe“ könne nicht als vollständig von seiner Infektion geheilt angesehen werden. Die Forscher hätten virale RNA und DNA in geringer Menge im Körper des Affen gefunden, auf einem Niveau von drei bis 20 Kopien viraler RNA in einer Million T-Zellen und ungefähr auf dem gleichen Niveau integrierte virale DNA.

Als man das Blut des Affen mit einem Wirkstoff behandelt habe, der alle CD8-Zellen zerstörte, sei es möglich gewesen, wieder vermehrungsfähige Viren zu isolieren.

Dies deute darauf hin, dass die CD8-Zellen im lebenden Tier zur Kontrolle des Virus beitragen. In einem Test zur Infektiosität sei Blut des infizierten Affen auf zwei nicht infizierte Affen übertragen worden.

Dies habe nicht zu einer Infektion geführt, weshalb man den Affen als nicht infektiös und zumindest funktionell geheilt ansehen könne.

Problem sind Anti-Antikörper

Bei den beiden verwendeten Antikörpern handelt es sich um dieselben breit neutralisierenden Antikörper (bNAbs), 10-1074 und 3BNC117, die kürzlich in einer Studie bei Menschen eingesetzt wurden, bei der sieben von elf Teilnehmer ohne vorherige Resistenz gegen die Antikörper eine nicht nachweisbare Viruslast ohne ART für durchschnittlich fünf Monate aufrechterhielten (Nature 2018; 561: 479-484).

Der Unterschied zu diesem Experiment bestehe darin, dass die Antikörper nicht direkt infundiert worden seien, sondern nur die „Bauanleitung“ für die Antikörper.

Diese habe aus zwei modifizierten Genen bestanden, die mittels eines Vektors namens AAV (adeno-assoziiertes Virus) in das Immunsystem des Affen eingebracht wurde. Dieses AA-Virus verursache keine Krankheit, sei aber in der Lage, die Gene in das Wirtsgenom zu integrieren.

Dies veranlasse das Immunsystem des Affen, die bNAbs zu bilden. Es handele sich um einen echten therapeutischen Impfstoff, im Gegensatz zu den bNAbs im menschlichen Experiment, die einfach infundiert und im Laufe der Zeit wieder vom Körper abgebaut werden.

Der AAV-Impfstoff sei entwickelt worden, um drei verschiedene bNAbs zu erzeugen: 10-1074, 3BNC117 und 10E8. Ein Problem bei dieser Methode sei, dass der Körper oft „Anti-Antikörper“ entwickele, also Antikörper, die die eigentlich erwünschten Antikörper neutralisieren und unwirksam machen.

Auch in diesem Experiment hätten einige Affen Anti-Antikörper entwickelt: Gegen 10E8 in allen vier geimpften Affen, gegen 3BNC117 in drei Fällen und gegen 10-1074 in einem Fall.

 Nicht nachweisbare Viruslast bei einem Affen

Die Affen seien mit einem starken „humanisierten Affen-HIV“ namens SHIV-AD8 infiziert worden. Sie hätten 86 Wochen (ein Jahr und sieben Monate) lang keine Behandlung erhalten, bevor sie den AAV-Vektor-Impfstoff erhalten hätten.

Der Affe, der Anti-Antikörper gegen alle drei bNAbs entwickelt und daher eine Art „funktionelles Placebo“ erhalten habe, sei an seiner SHIV-Infektion in Woche 100 gestorben.

Von den beiden, die nur 10-1074 als wirksamen Antikörper produziert hätten, habe einer eine fast unveränderte Viruslast gehabt. Interessanterweise habe der andere Affe, der nur 10-1074 gehabt habe, eine Viruslast gehabt, die nicht nachweisbar geblieben sei.

Der vierte Affe mit der Nummer rh2438 habe eine Viruslast gehabt, die dauerhaft bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung, 242 Wochen nach der SHIV-Infektion und 158 Wochen (etwas mehr als drei Jahre) nach der AAV-Impfung, nicht nachweisbar gewesen sei. Er habe auch konstant hohe Plasmaspiegel von 10-1074 und 3BNC117.

Die Forscher schlussfolgern, dass diese Ergebnisse ein Beweis für das Konzept seien, eine funktionelle Heilung über spezifische Antikörper zu erreichen, die auf einen Impfstoff hin gebildet werden. Nun sei ein Weg zu finden, um zu verhindern, dass das Immunsystem Anti-Antikörper gegen die bNAbs bilde. (eb)

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