Wer schnell Antibiotika bekommt, will immer welche
Kommunikationsprobleme zwischen Arzt, Patienten und ihren Eltern können dazu führen, dass Antibiotika unnötig verordnet werden.
Veröffentlicht:Gehen Infektionen mit ausgeprägten Symptomen wie starkem Husten einher, machen sich Patienten häufig Sorgen, ob sie ernsthaft krank sind oder es werden könnten, erläuterte der Kinderarzt Professor Reinhard Berner aus Freiburg beim Pädiatrie Update in Mainz. Ärzte wiederum werteten den Leidensdruck oft vorschnell als Wunsch nach einem Antibiotikum. "Wird dann nur aus dieser Annahme heraus ein Antibiotikum verordnet, entsteht ein zweites Missverständnis", so Berner weiter. "Die Patienten nehmen an, dass das Medikament zur Heilung notwendig ist und erwarten es künftig bei jedem Husten oder jeder Erkältung. Besser wäre, auf Sorgen der Patienten einzugehen und sie über Ursache, Prognose und voraussichtlichen Verlauf ihrer Erkrankung zu informieren."
Optimierte Kommunikation hilft, Antibiose zu vermeiden.
Dass sich bei optimierter Kommunikation häufig Antibiotika vermeiden lassen, hat die CHANGE*-Studie ergeben, an der 104 niedergelassene Hausärzte in Nordrhein-Westfalen teilgenommen haben. Etwa die Hälfte von ihnen wurden von einem speziell trainierten Hausarzt besucht und angeleitet, wie sie in der Sprechstunde die tatsächlichen Anliegen der Patienten besser herausfinden können. Die andere Hälfte der Ärzte diente als Kontrollgruppe, es gab keine Intervention. Dabei war es nicht Ziel des Trainings, Wissen über unnötige Antibiotikaverschreibungen zu vermitteln, sondern die Kommunikation mit den Patienten zu verbessern. Zusätzlich erhielten die Kollegen der Interventionsgruppe Flyer und Poster für das Wartezimmer, in denen Patienten ermutigt wurden, das Thema Antibiotika in der Sprechstunde anzuschneiden (J Antimicrob Chemother 60, 2007, 638). Durch dieses Vorgehen sei die Rate der Antibiotikaverordnungen stark reduziert worden. So wurde die Rate von den Ärzten der Interventionsgruppe binnen sechs Wochen im Mittel um fast 60 Prozent reduziert, sagte Berner. Nach 12 Monaten seien es immerhin noch 40 Prozent Reduktion gewesen.
*CHANGE steht für Converting habits of antibiotic prescribing in general practice