Übertragung

Lippenherpes geht wohl selten ins Auge

Man fasst sich an die Lippe, wischt sich dann das Auge: Herpes-Viren werden offenbar trotzdem nicht so leicht verschleppt.

Von Werner Stingl Veröffentlicht:
Dass Herpesviren von den Lippen ins Auge übertragen werden, ist nach Meinung eines Experten unwahrscheinlich.

Dass Herpesviren von den Lippen ins Auge übertragen werden, ist nach Meinung eines Experten unwahrscheinlich.

© Levent Konuk / iStock

JENA. In Populär- und manchmal sogar in Fachmedien wird immer wieder davor gewarnt, einen Lippenherpes nicht durch Unachtsamkeit via kontaminierte Finger, Handtücher oder sonstige Gegenstände ins Auge zu verschleppen. Allzu große Sorgen braucht man sich deswegen allerdings vermutlich nicht zu machen.

Denn obwohl durch Herpes-simplex-Virus Typ 1 (HSV-1) verursachte temporäre periorale Läsionen sehr häufig sind, fehlen in der Literatur eindeutige Fallbeschreibungen oder Studien, die Autoinokulationen der Viren von der Lippe in die Hornhaut des Auges belegen.

Das hat Professor Andreas Sauerbrei vom Institut für Virologie und Antivirale Therapie des Universitätsklinikums Jena auf Anfrage der "Ärzte Zeitung" betont.

Absolut ausschließen mag der Virologe ein solches Risiko zwar nicht. Aber dass HSV-1 etwa über kontaminierte Handtücher oder sonstige Gegenstände des täglichen Gebrauchs von den Lippen ins Auge übertragen werden, sei praktisch zu verneinen, versicherte Sauerbrei.

Denn sowohl HSV-1 als auch HSV-2 zählen zu den instabilsten Viren, die beim Menschen bekannt sind. Außerhalb der akuten Läsion sind sie nur in Ausnahmefällen und dann auch lediglich über wenige Stunden hinweg nachzuweisen.

Küssen auf Augen des Partners bei Infektion unterlassen

Sogar auf dem schnellen Weg von den infizierten Lippen über den Finger ins Auge dürfte eine Infektion relativ unwahrscheinlich sein.

Selbst wenn die Viren "vital" ins Auge gelangen würden, wäre mit einer konsekutiven Zweitinfektion nur zu rechnen, wenn zum einen eine Verletzung der Haut- oder Schleimhautbarriere vorläge und zudem eine - wiederum eher unübliche - akute Empfänglichkeit für eine solche Zweitinfektion bestünde.

Menschen mit einer HSV-Läsion am Auge haben diese in der Regel, weil die Primärinfektion an dieser Stelle erfolgt ist und dann auch die Rezidive bevorzugt wieder an dieser primären Eintrittspforte auftreten, nicht aber, weil sie Viren von der eigenen Lippe ins eigene Auge wischen, so Sauerbrei's Fazit.

Auch die Wahrscheinlichkeit, dass jemand, der eine HSV-1-Primärinfektion durchgemacht hat, von fremden Lippen noch einmal am Auge infiziert wird, schätzt der Experte als sehr gering ein.

Dennoch rate er vorsichtshalber, Küsse auf die Augen eines Partners zu unterlassen, solange auf der eigenen Lippe Herpes blüht.

Mehr zum Thema

Weltmalaria-Tag

Invasive Malariamücke bedroht afrikanische Städte

Impfempfehlungen

Neuer STIKO-Chef fordert mehr Personal

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Wo lang im Gesundheitswesen? Der SVR Gesundheit und Pflege empfiehlt mehr Richtungspfeile für alle Akteure.

© StefanieBaum / stock.adobe.com

Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege

Gesundheitsweise empfehlen Primärversorgung für alle – und Quotierung der Weiterbildung

„Wenn die Politik Wissenschaftlern sagen würde, wir wollen dieses oder jenes Ergebnis, ist das Propaganda.“ Klaus Überla – hier im Treppenhaus seines Instituts – über Einmischungen aus der Politik.

© Patty Varasano für die Ärzte Zeitung

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

Dr. Iris Dötsch Fachärztin für Innere Medizin, Diabetologin und Ernährungsmedizinerin hat die Hauptstadtdiabetologinnen, eines neues Netzwerk für Frauen in der Diabetologie, gegründet.

© snyGGG / stock.adobe.com

Hauptstadtdiabetologinnen

Ein Netzwerk für Diabetologinnen