WHO warnt

In Endemieländern gerät der Kampf gegen Malaria ins Stocken

Malaria befindet sich auf dem Rückzug. Das glaubten zumindest viele angesichts der sinkenden Krankheitsfälle der vergangenen Jahre. Nun warnt die WHO: Ohne neue Ansätze und mehr Geld wird die Zahl der Krankenheits- und Todesfälle wieder steigen.

Wolfgang GeisselVon Wolfgang Geissel Veröffentlicht:
Wichtiger Schutz: Die meisten Todesfälle an Malaria treten bei Kleinkindern im Alter unter fünf Jahren auf.

Wichtiger Schutz: Die meisten Todesfälle an Malaria treten bei Kleinkindern im Alter unter fünf Jahren auf.

© Jonathan Torgovnik / GSK

Die Zahl der Malariafälle weltweit steigt wieder – und das, obwohl sie jahrelang rückläufig war. In einigen Ländern und Regionen sei der Kampf gegen die Malaria ins Stocken geraten, warnte WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus. Ohne neue Ansätze und mehr Ressourcen seien "fast sicher" weiter steigende Krankheitszahlen und mehr Todesfälle zu befürchten, sagte er zur Vorstellung des diesjährigen Malaria-Berichts der Weltgesundheitsorganisation am Mittwoch in Genf.

Laut Bericht haben 91 Länder im letzten Jahr 216 Millionen Malariafälle gemeldet. Zum Vergleich: Im Jahr 2015 waren es 211 Millionen, 2010 gab es noch 237 Millionen Fälle. Die Anzahl der Todesfälle sei dagegen weitgehend unverändert geblieben. 440.000 Menschen starben demnach 2016 an Malaria, die meisten davon sind Kinder im Alter unter fünf Jahre. Dies entspreche in etwa der Zahl aus dem Vorjahr. 14 Länder aus der Subsahara-Region in Afrika sowie Indien vermeldeten 80 Prozent der Todesfälle.

Gegenmaßnahmen reichen nicht aus

Es sei schwierig, die rückläufige Entwicklung auf einen bestimmten Grund zurückzuführen, sagten die WHO-Experten. Resistenzen gegen Arzneimittel und Insektenschutzmittel seien hierbei aber offenbar nicht ausschlaggebend. "Die Faktoren, die den Fortschritt beeinflussen können, reichen von unzureichenden finanziellen Mitteln und Lücken bei den Malaria-Vorbeugemaßnahmen bis hin zu klimabedingten Schwankungen," erklärte Abdisalan Noor, Leiter der Aufsichtsabteilung der Malaria-Initiative der WHO.

In dem Bericht werden dazu Beispiele gegeben:

  • Nur 43 Prozent der Haushalte in Subsahara-Afrika haben genügend mit Insektiziden behandelte Moskitonetze (ITN), um ausreichenden Schutz vor den nachtaktiven Überträgermücken bieten zu können. Zudem ist der Gebrauch von Insektensprays stark rückgängig, unter anderem, weil es in betroffenen Ländern einen Wechsel zu teureren Produkten gegeben habe.
  • Schwangeren Frauen in Regionen mit mittlerer bis hoher Malaria-Prävalenz wird eine intermittierende präventive Behandlung (IPTp) mit Sulfadoxin-Pyrimethamin empfohlen. Nach Meldungen aus 23 afrikanischen Ländern erhielt 2016 aber nur knapp jede fünfte schwangere Frau dafür die nötigen drei und mehr Dosen des Medikaments.
  • In der Sahelzone wurde 2016 in der Jahreszeit mit hohem Infektionsrisiko 15 Millionen Kinder die empfohlene Chemoprävention angeboten. Allerdings hätten weitere 13 Millionen Kinder in dieser Region eine solche Prävention gebraucht.
  • Obwohl die Prognose von einer zügigen Diagnose und schnell eingeleiteten Therapie abhängt, wurden nach einer Studie aus den Jahren 2014 bis 2016 in 18 Subsahara-Ländern im Median nur 47 Prozent der Kinder mit Fieber Mitarbeitern von Gesundheitseinrichtungen vorgestellt. Eine weitere Studie ergab, dass etwa jedes dritte Kind mit Fieber in solchen Einrichtungen vom Personal nicht beachtet wurde, was unter anderem an mangelndem Bewusstsein für die Krankheit liege.
  • Nach mehreren Untersuchungen in Subsahara-Afrika erhielen 2016 nur 43 Prozent der Kleinkinder mit Fieber Malaria-Medikamente.
  • Weitere Tests mit Malaria-Impfstoff
  • Nicht erwähnt wird in dem Bericht der Malaria-Impfstoff "RTS,S" (Mosquirix). Die von GlaxoSmithKline entwickelte Vakzine für Kinder im Alter von 5 bis 17 Monaten war von 2009 bis 2014 mit Unterstützung der Bill und Melinda Gates Stiftung erfolgreich getestet worden. Die Schutzwirkung der vier Dosen beträgt danach bei Kleinkindern etwa 39 Prozent über vier Jahre. Der Nutzen wird weiter geprüft: In Ghana, Kenia und Malawi soll der Impfstoff ab 2018 auf Alltagstauglichkeit getestet werden, hatte die WHO im vergangenen April berichtet.
  • Nach dem aktuellen WHO-Bericht reichen internationalen Ausgaben für die Malaria-Eindämmung nicht aus, um die Ziele der weltweiten WHO-Kampagne zu erreichen. Im Jahr 2016 seien rund 2,7 Milliarden US-Dollar (ca. 2,2 Milliarden Euro) dafür zusammengekommen. Das sei aber weniger als die Hälfte der jährlich benötigten 6,5 Milliarden US-Dollar (ca. 5,4 Milliarden Euro)."Bei der derzeitigen Höhe der Finanzierung und der Verbreitung der verfügbaren Maßnahmen sind wir an die Grenzen dessen gestoßen, was im Kampf gegen die Krankheit erreicht werden kann," betont Noor von der WHO-Malaria-Abteilung

(Mit Material von dpa)

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