Online-Schulung erfolgreich

Richtiges Händewaschen schützt vor Infekten

Gute Handhygiene beugt Atemwegsinfektionen vor - das ist nicht neu. Britische Forscher zeigen jetzt in einer Studie, dass sich die Ansteckungsgefahr durch Online-Schulungen zum richtigen Händewaschen noch deutlich reduzieren lässt.

Von Dr. Elke Oberhofer Veröffentlicht:
Die richtige Handhygiene schützt vor Erkältungskrankheiten. Eine Online-Schulung zu richtigem Händewaschen bringt noch mehr Schutz, wie Forscher jetzt gezeigt haben.

Die richtige Handhygiene schützt vor Erkältungskrankheiten. Eine Online-Schulung zu richtigem Händewaschen bringt noch mehr Schutz, wie Forscher jetzt gezeigt haben.

© Gang Liu / iStock / Thinkstock

SOUTHAMPTON. Bis zu 80 Prozent aller Infektionskrankheiten werden nach WHO-Angaben über die Hände übertragen. Eine gute Handhygiene zur Prävention wird in der Bevölkerung jedoch nur unzureichend umgesetzt.

Dass man Erwachsenen mit einer Online-Schulung beibringen kann, in der Erkältungssaison auf gute Handhygiene zu achten, und dass dies tatsächlich dazu beiträgt, die Ausbreitung von Atemwegsinfektionen (Respiratory Tract Infections, RTI) im großen Stil zu verhindern, hat jetzt eine britische Studie gezeigt (Lancet 2015; online 6. August).

Deutlich weniger Erkältungen

Über 20.000 britische Haushalte waren aufgefordert worden, an der Studie zwischen Januar 2011 und März 2013 teilzunehmen. Die Adressen hatten die Forscher über 344 Allgemeinarztpraxen erhalten.

Die Probanden wurden nach dem Zufallsprinzip aufgeteilt: Die eine Hälfte wurde auf die Internetplattform mit dem Programm zur Hygieneschulung hingewiesen. Die andere Hälfte bekam den Link nicht. Beide Gruppen wurden aufgefordert, monatlich Fragebögen zu durchgemachten Infektionskrankheiten auszufüllen.

Die Daten von 16.908 Teilnehmern der 16-wöchigen Intervention wurden ausgewertet. Ergebnis: Von den 8241 Probanden der Interventionsgruppe gaben 51 Prozent an, im Studienzeitraum eine oder mehrere Atemwegsinfektionen durchgemacht zu haben, in der Kontrollgruppe waren es mit 59 Prozent deutlich mehr; der Unterschied ist signifikant.

Da die Teilnehmer ihre Symptome selbst einschätzen mussten, war Pragmatismus gefragt. Als Atemwegsinfektion wurden von den Forschern gewertet: entweder mindestens zwei typische Symptome (Halsweh, Husten, laufende Nase) über mindestens einen Tag oder eines der Symptome über mindestens zwei aufeinanderfolgende Tage.

Eine Grippe-ähnliche Erkrankung wurde definiert als erhöhte Temperatur oder Schüttelfrost oder eine selbst gemessene Körpertemperatur über 37,5 °C in Kombination mit einem respiratorischen Symptom sowie zusätzlich Kopfschmerzen, erhebliche Müdigkeit, starke Muskelschmerzen oder schweres Krankheitsgefühl.

Die Forscher weichen damit von der Definition der WHO ab, die immer tatsächlich gemessenes Fieber als Kriterium für eine influenzaähnliche Erkrankung voraussetzt.

Hausgemeinschaft geschützt

Durch die Online-Schulung reduzierte sich offenbar die Übertragung von Infektionen zwischen Haushaltsmitgliedern, berichten Professor Paul Little von der University of Southampton und sein Team: So sank in der Interventionsgruppe der Anteil der Mitbewohner, die binnen einer Woche an denselben Symptomen erkrankten, von 8,8 auf 6,6 Prozent.

Erkrankten Teilnehmer mit Schulung, war die Krankheitsdauer deutlich kürzer als bei Teilnehmern ohne Schulung (9,8 vs 10,6 Tage). Die mittlere Zahl der Krankheitstage pro Teilnehmer sank durch das Händewaschen von durchschnittlich 6,5 auf 5,2 Tage.

Von schwereren Symptomen wurden Probanden der Hygienegruppe im Mittel einen halben Tag kürzer geplagt (2,1 vs 2,6 Tage). Zudem berichtete die Interventionsgruppe über weniger Magen-Darm-Infektionen als die Kontrollgruppe.

Auch die Zahl der Arztbesuche und vor allem der Einsatz von Antibiotika waren leicht, aber signifikant zurückgegangen: Im Laufe eines Jahres hatten sich 17 Prozent gegenüber 16 Prozent der Teilnehmer wegen einer RTI in Behandlung begeben, Antibiotika wurden dabei in 11 und 9 Prozent verschrieben.

Diese Unterschiede könnten auf den ersten Blick gering erscheinen, auf Bevölkerungsebene seien sie aber unter Umständen höchst relevant, wie der niederländische Experte für Primär- und Kommunalversorgung Chris van Weel von der Universität Radboud in einem begleitenden Kommentar schreibt (Lancet 2015, online 6. August).

Zum Beispiel bei einer Influenzaepidemie könne jede Maßnahme gegen Übertragungen einen substanziellen Effekt haben. Bei der H1N1-Pandemie 2009/2010 hatte die WHO daher sorgfältiges Händewaschen als Maßnahme gegen die Infektionsausbreitung propagiert.

Übrigens: Das häufige Händewaschen setzte der Haut der Teilnehmer offenbar nicht sonderlich zu: Nur vier Prozent der Hygienegruppe hatten leichte Hautirritationen (Kontrollgruppe: ein Prozent). Bestehende Hautprobleme verschlechterten sich nach Angaben der Forscher nicht.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Wo waren Deine Hände?

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