Erkältung

Helfen diese 20 Therapien wirklich?

Das Angebot an konventionellen und alternativen Präparaten zur Behandlung bei akuten Infekten der oberen Atemwege ist riesig. Die Evidenzbasis hierzu ist es aber leider nicht.

Veröffentlicht:
Helfen diese 20 Therapien wirklich?

© matka_Wariatka / iStock.com

Von Beate Schumacher

FRANKFURT / OFFENBACH. Zwei bis vier Erkältungsepisoden pro Jahr machen Erwachsene durch, bei Kindern sind es sogar sechs bis acht. Entsprechend groß ist der Umsatz an Mitteln, mit denen Ärzte oder die Patienten selbst versuchen, den Verlauf der meist viralen Infektionen abzuschwächen und zu verkürzen. Von welchen Therapien nach derzeitigem Wissensstand wirklich Hilfe zu erwarten ist und von welchen eher nicht, das haben Miriam Croessmann vom Sana Klinikum Offenbach und Professor Markus Rose von der Universität Frankfurt / Main zusammengefasst (Pneumologe 2016: 13: 262–273).

Antihistaminika: Als Monotherapie haben sie keine nennenswerte Wirkung bei Erkältungen. Für Kombinationspräparate mit Dekongestiva und/oder Analgetika lässt sich dagegen "ein gewisser Nutzen bei Erwachsenen und älteren Kindern belegen". Der Nutzen muss jedoch kritisch gegen die unerwünschten Wirkungen abgewogen werden. Bei Kindern unter fünf Jahren gibt es keine Evidenz für die Wirksamkeit.

Dekongestiva: Orale schleimhautabschwellende Mittel erzielen bescheidene Effekte auf nasale Symptome, für topisches Xylometazolin wurden in einer Studie positive Effekte nachgewiesen. Daten für Kinder fehlen, bei ihnen werden im Zusammenhang mit Überdosierungen von Nasensprays schwere unerwünschte Wirkungen berichtet.

Ipratropium-Nasenspray: Laut einer Metaanalyse bessert das topische Anticholinergikum den Schnupfen, nicht aber die nasale Obstruktion.

Antitussiva: Die Wirkstoffe Codein, Dihydrocodein, Dextromethorphan, Noscapin und Pentoxyverin unterdrücken den Hustenreiz. Weil es sich dabei aber um einen wichtigen Schutzreflex handelt, sollen sie nur dann angewendet werden, wenn ein trockener Reizhusten besteht, der mit Hausmitteln nicht gelindert werden kann. Bei Kindern unter zwölf Jahren sind Codein-haltige Antitussiva kontraindiziert.

Sekretolytika/Mukolytika: Sie sollen bei erkältungsbedingter Bronchitis den Schleim verflüssigen und das Abhusten erleichtern. Unter Acetylcystein kann ein erhöhtes Volumen von verflüssigtem Bronchialsekret auftreten, das unter anderem von jungen Kindern schlecht abgehustet werden kann. Von Efeupräparaten ist dies nicht zu befürchten. Sekretolytika/Mukolytika sollten vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern eine strenge Indikationsstellung erfahren. "Das beste Mukolytikum ist eine gute Befeuchtung der Atemwege und reichlich trinken."

Ätherische Einreibemittel: Vapor rub mit den Wirkkomponenten Kampfer, Menthol, Eukalytpusöl hat bei Kindern keine Wirkung auf Husten oder Schnupfen, aber Kind und Eltern schlafen besser. Eltern müssen aufgeklärt werden, dass Einreibemittel und Tropfen auf Basis ätherischer Öle zu Atemwegsreizungen bis zum Bronchospasmus führen können.

NSAR/Paracetamol: Sie bessern erkältungsassoziierte Schmerzen, aber nicht die respiratorischen Beschwerden. Bei Kindern scheint Ibuprofen stärker antipyretisch zu wirken als Paracetamol.

Intranasale Kortikosteroide: Die Datenlage hierzu ist schwach, lässt aber keinen Effekt auf die Symptomdauer erkennen, dagegen ein häufigeres Auftreten von sekundären bakteriellen Infektionen.

Antibiotika: Lediglich bei etwa fünf Prozent aller Erkältungsepisoden sind Bakterien an der Genese beteiligt. Antibiotika haben aus diesem Grund keinen nennenswerten Nutzen, jedoch teils erhebliche Nebenwirkungen. Bei Unsicherheit über eine mögliche bakterielle Ursache der Infektion kann der unnötige Einsatz von Antibiotika reduziert werden, indem man ein Rezept mitgibt, das nur bei einer Verschlechterung eingelöst werden soll.

Honig: Bei Kindern im Alter über einem Jahr kann ein Löffel Honig am Abend Husten und Nachtschlaf günstig beeinflussen.

Zink: Bei Erwachsenen, nicht aber bei Kindern scheint orales Zink Dauer und Schwere von Erkältungsepisoden zu vermindern. Als Nebenwirkungen treten Geschmacksmissempfindungen und Übelkeit auf. Warum orales Zink nur bei Erwachsenen wirkt, ist unklar.

Probiotika: Es gibt Hinweise, dass Nahrungsmittel mit Probiotika, besonders mit Lactobazillen und Bifidobakterien, die Dauer von banalen Atemwegsinfektionen bei Erwachsenen wie Kindern etwas verkürzen können.

Knoblauch: Laut einer Cochrane-Analyse können Knoblauchtabletten möglicherweise Erkältungen vorbeugen, haben aber keinen Einfluss auf die Dauer von Erkältungen.

Echinacea: Es gibt keine überzeugenden Daten für den therapeutischen Einsatz von Echinacea bei Erkältungen, allenfalls für eine leichte prophylaktische Wirkung.

Umckaloabo: Der Extrakt aus Pelargonium sidoides soll immunstimulierend, hustenstillend und schleimlösend wirken. In RCTs ist die Wirksamkeit bei Erwachsenen mit Erkältung oder akuter Rhinosinusitis sowie bei Erwachsenen und Kindern mit akuter Bronchitis gezeigt worden. Die Qualität der Evidenz sei niedrig, so Croessmann und Rose.

Meerwasser-Spülungen: Bei Kindern sind günstige Effekte auf nasale Symptome und Verbrauch von Dekongestiva dokumentiert.

Traditionelle Chinesische Medizin (TCM): Der Nutzen ist fragwürdig. Das günstige Ergebnis eines Reviews beruht auf einer einzelnen positiven Studie.

Homöopathie: In methodisch anspruchsvollen Studien konnte der Nutzen dieses Therapieprinzips nicht klar belegt werden. In einer großen Untersuchung hatten Homöopathiepatienten zwar eine schnellere Besserung ihrer Beschwerden erfahren als konventionell behandelte Patienten, Erstere pflegten aber auch einen gesünderen Lebensstil. Eine weitere Vergleichsstudie ergab einen ähnlichen Krankheitsverlauf unter den beiden Ansätzen. Vermutlich zeigt sich darin das Potenzial guter Beratung und Patientenführung bei Erkältungskrankheiten.

Vitamin C: Es sind keine eindeutigen therapeutischen Effekte bei Erkältungen belegt.

Luftbefeuchtung: Die Studienergebnisse sind widersprüchlich.

Bei ganzheitlichen Ansätzen ist für Erwachsene eine therapeutische Wirksamkeit belegt für Nahrungsergänzung mit Zink und Probiotika, bei Kindern für Probiotika sowie – jenseits des ersten Lebensjahres – Honig zur Nacht.

Miriam Croessmann vom Sana Klinikum Offenbach und Professor Markus Rose von der Universität Frankfurt am Main

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Hämatologe gibt Tipps

Krebspatienten impfen: Das gilt es zu beachten

Lesetipps
Eine pulmonale Beteiligung bei Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) kann sich mit Stridor, Husten, Dyspnoe und Auswurf manifestieren. Sie zeigt in der Lungenfunktionsprüfung meist ein obstruktives Muster.

© Sebastian Kaulitzki / stock.adobe.com

Morbus Crohn und Colitis ulcerosa

Wenn der entzündete Darm auf die Lunge geht

Klinisch ist die Herausforderung bei der IgA-Nephropathie ihr variabler Verlauf. In den meisten Fällen macht sie keine großen Probleme. Bei einem Teil der Patienten verläuft sie chronisch aktiv, und einige wenige erleiden katastrophale Verläufe, die anderen, schweren Glomerulonephritiden nicht nachstehen.

© reineg / stock.adobe.com

Glomerulonephitiden

IgA-Nephropathie: Das Ziel ist die Null