Ebola-Krise

Internationale Hilfe bringt Erfolge

Für eine Entwarnung ist es zu früh, doch die Entwicklung in Westafrika ist positiv. Ein Experte vom DRK erklärt, wie internationale Organisationen zum Erfolg beigetragen haben - und wo der Westen versagt hat.

Von Pete Smith Veröffentlicht:
Das Rote Kreuz ist auch in Sierra Leone vor Ort: In dem eigens dafür errichteten Hilfszelt - hier beim Aufbau - werden seit Monaten Ebola-Patienten behandelt.

Das Rote Kreuz ist auch in Sierra Leone vor Ort: In dem eigens dafür errichteten Hilfszelt - hier beim Aufbau - werden seit Monaten Ebola-Patienten behandelt.

© Elshamy/dpa

BERLIN. Ein Jahr nach Ausbruch der Ebola-Epidemie in Westafrika gibt es in vielen betroffenen Gebieten Anzeichen der Hoffnung.

Vor allem in Liberia sei eine positive Entwicklung zu verzeichnen, sagt Andreas Fabricius, Experte des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), der im Dezember selbst drei Wochen im Krisengebiet war.

Damit teilt er die Einschätzung des UN-Beauftragten für Ebola, David Nabarro, der erst vergangene Woche von einem "Gefühl der Zuversicht" sprach, dass die Epidemie bald überwunden werden könne.

"Die Zahl der Ebola-Neuinfektionen ist in Liberia auf zwei pro Tag heruntergegangen", erläutert Fabricius, der sechs Jahre lang für das DRK Einsätze im Ausland absolviert hat und derzeit in der Berliner Zentrale als Referent für Gesundheit tätig ist.

"Auch in Sierra Leone weist die Kurve nach unten, allerdings nehmen wir die positive Entwicklung dort erst mit drei Wochen Verspätung wahr. Seit Ausbruch der Epidemie in Westafrika hatten wir noch nie so wenige neue Ebola-Infektionen wie in der ersten Woche dieses Jahres."

Der Ebola-Ausbruch in Westafrika ist die schlimmste vergleichbare Epidemie in der Geschichte der Menschheit. Betroffen sind oder waren Guinea, Liberia, Sierra Leone, Nigeria, Senegal und Mali.

Die erste Infektion in Guinea, von wo aus die Epidemie ihren Lauf nahm, konnte retrospektiv für Dezember 2013 nachgewiesen werden.

Bis zum 26. Januar verzeichnete die Weltgesundheitsorganisation (WHO) offiziell 21.800 Erkrankungen und 8670 Ebola-Tote, geht aber von einer deutlich höheren Dunkelziffer aus.

Bereits am 8. August erklärte die WHO den Ebola-Ausbruch deswegen zum "Internationalen Gesundheitsnotfall" (siehe Chronologie rechts).

Seit Oktober vor Ort

Mitarbeiter des DRK sind seit Oktober in Liberia und Sierra Leone im Einsatz, wie Fabricius berichtet. Das Auswärtige Amt habe dafür bislang drei Millionen Euro bereitgestellt, hinzu kommen 1,5 Millionen Euro an Spenden.

"In Liberia haben wir gemeinsam mit der Bundeswehr eine Ebola-Behandlungsstation von der WHO übernommen", berichtet Fabricius. "Dort arbeiten derzeit 40 internationale Helfer, davon 18 DRK-Mitarbeiter.

Zuvor hatten wir weder Erfahrungen in der Behandlung von Ebola-Patienten noch in der Zusammenarbeit mit der Bundeswehr. Schließlich waren wir überrascht, wie gut alles Hand in Hand lief."

Die düsteren Prognosen des Sommers, sagt Fabricius, hätten sich zum Glück nicht erfüllt. Noch im Oktober hatte die US-Centers for Disease Control and Prevention (CDC) vorhergesagt, dass bis zum Januar Hunderttausende Menschen an Ebola erkranken würden.

"Das ist nicht eingetreten, was natürlich toll ist. Deshalb gibt es momentan in der internationalen Gemeinschaft, auch in Absprache mit lokalen Versorgern, die Überlegung, wie wir die vorhandenen Ressourcen vor Ort einsetzen können", so Fabricius.

Demnach könnte das EbolaBehandlungszentrum in Liberia demnächst in eine Infektionsstation umgewandelt werden, womit auch die lokale Gesundheitsstruktur unterstützt würde.

"Damit könnten wir unsere Ressourcen weiterhin nutzen und uns verstärkt jenen Patienten zuwenden, die zwar ebolafrei sind, aber an anderen Erkrankungen leiden."

Derzeit liege dieser Vorschlag bei der Bundesregierung, die den Einsatz des DRK unterstützt und das neue Konzept für sechs Monate bewilligen müsse.

Schwerwiegende Fehler

Bei der Bekämpfung der Ebola-Epidemie in Westafrika habe die internationale Gemeinschaft schwerwiegende Fehler gemacht, sagt der DRK-Gesundheitsreferent.

"Bei den bis dahin bekannten größeren Ebola-Ausbrüchen hatte es zwischen 100 und 300 Tote gegeben. Davon ist man auch diesmal ausgegangen. Als die Fallzahlen dann jedoch stetig stiegen, war es zu spät, um die Epidemie schnell einzugrenzen, da war sie schon außer Kontrolle. Danach verging wieder viel Zeit, um den Einsatz zu planen und die Mitarbeiter zu schulen und in die Krisengebiete zu schicken. Erst seit Kurzem gelingt es uns, die Zahl der Neuerkrankungen einzugrenzen und uns auch wieder Problemen wie beispielsweise der Malaria, den Impfprogrammen und der Mütterhilfe zu widmen."

Damit sich eine derart katastrophale Epidemie nie wiederholt, müsse die internationale Gemeinschaft auf alle Eventualitäten vorbereitet sein, so Fabricius. Unter Leitung der WHO sei ein Programm entwickelt worden, das die Eckpfeiler der Arbeit skizziert.

"Dazu gehören neben der Behandlung und Isolierung der Infizierten beispielsweise die sichere Beerdigung der Toten, die Einbindung der Gemeinden, die Früherkennung von Ausbrüchen sowie das Auffinden und die Beobachtung von Kontaktpersonen. Das ist der Schlüssel. Wenn es uns gelingt, ein Bewusstsein zu schaffen, eine Aufmerksamkeit in der Bevölkerung, dann können wir zumindest die schlimmen Verläufe verhindern. Am Ende war es vor allem die Aufklärung in den Gemeinden, die dazu beigetragen hat, die Zahl der Neuerkrankungen zu senken."

Über die sinkenden Fallzahlen hinaus registriert der DRK-Experte weitere erfreuliche Entwicklungen, die Anlass zur Hoffnung gäben. Dazu zählt er beispielsweise die Entwicklung eines Ebola-Impfstoffs, die bessere Ausstattung der Krankenhäuser sowie die Professionalisierung der Abläufe innerhalb der Kliniken.

Trotz dieses positiven Trends könne von einer Entwarnung keine Rede sein, so Fabricius: "Unter Kontrolle ist die Epidemie erst, wenn wir keine neuen Fälle mehr verzeichnen."

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