Länger als üblich

18-tägige Schmerzen waren Zoster-Vorboten

Die Prodromalphase eines Herpes zoster hält sich nicht immer an die Lehrbuchfrist von drei Tagen. Einen solchen Fall haben jetzt US-Kollegen vorgestellt.

Veröffentlicht:
Pustekuchen: Ein Zoster kann manchmal auch länger brauchen.

Pustekuchen: Ein Zoster kann manchmal auch länger brauchen.

© Dr. Hans Schulz, Bergkamen

SEATTLE. Die Prodromi eines Herpes zoster richtig zu interpretieren, kann Schwierigkeiten bereiten. Die Gefahr von unnötiger Diagnostik ist besonders groß, wenn die Hautzeichen deutlich länger als drei Tage auf sich warten lassen.

Intensive Schmerzen im betroffenen Dermatom gehen bei 90 Prozent aller Herpes-zoster-Erkrankungen der Bläschenbildung voraus. Laut Lehrbüchern dauert diese Phase üblicherweise zwischen 48 und 72 Stunden (Am J Med 2013; 29. Januar).

Ärzte um Dr. Wendy Zerngast von der Universität Seattle machen jedoch darauf aufmerksam, dass sich die Prodromalphase auch deutlich länger hinziehen kann. Sie berichten über sieben Patienten ihrer Klinik, bei denen zwischen sechs und 18 Tagen vergingen, bevor sich der Herpes manifestierte.

Besonders aufwändig gestaltete sich die Diagnostik bei einer 67-Jährigen mit zunehmenden Bauchschmerzen und Erbrechen, die bereits mehrere Bauch-Operationen durchgemacht hatte.

Bei ihr wurden neben diversen Labortests auch Computertomografien und Dopplerschall-Untersuchungen zum Ausschluss von ischämischen Ursachen vorgenommen. Auf weitere, bereits geplante Untersuchungen konnte verzichtet werden, als am Tag 18 links im Gebiet des Rückenmarksnerven T8 Herpesbläschen zu erkennen waren.

Verzögerte Diagnose kann teuer werden

Eine weitere Patientin im Alter von 62 Jahren wurde wegen starker "muskulärer Schmerzen" unterhalb des rechten Schulterblatts, die sich auf die Flanke ausdehnten und von Erbrechen begleitet waren, unter anderem mehrfach geröntgt und schließlich mit dem Verdacht auf eine Pyelonephritis antibiotisch behandelt.

Erst am Tag 12 führten Herpesbläschen im zuerst schmerzhaften Thoraxbereich zur korrekten Diagnose.

Bei einer anderen 62-Jährigen hatte man wegen stechender Schmerzen in der linken Schläfe neurologische Untersuchungen und ein CT des Kopfes veranlasst - jeweils ohne Befund. Die daraufhin gestellte Diagnose "atypischer Kopfschmerz" wurde am Tag 6 durch Bläschen im Versorgungsbereich des Hirnnerven V1 widerlegt.

Tagelange Schmerzen im linken Auge und Augenlid waren bei einem weiteren Patienten nach CT- und ophthalmologischen Untersuchungen unter Verdacht auf eine Blepharitis mit Antibiotika behandelt worden.

"Die Beispiele illustrieren, dass eine verzögerte Diagnose nicht nur teure Tests, sondern auch Fehldiagnosen und möglicherweise schädliche Therapien nach sich ziehen kann", betonen Zerngast und Kollegen.

Es sei daher wichtig zu wissen, dass eine Prodromalphase von mehr als drei Tagen "möglicherweise weitaus häufiger vorkommt als allgemein angenommen".

Ein Herpes zoster müsse daher auch dann in die differenzialdiagnostischen Überlegungen eingeschlossen werden, wenn bei einseitigen (dermatomalen) Schmerzen nach drei Tagen noch keine vesikulären Hautveränderungen zu beobachten seien. (bs)

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Führen den BVKJ: Tilo Radau (l.), Hauptgeschäftsführer, und Präsident Michael Hubmann im Berliner Büro des Verbands.

© Marco Urban für die Ärzte Zeitung

Doppel-Interview

BVKJ-Spitze Hubmann und Radau: „Erst einmal die Kinder-AU abschaffen!“

Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch.

© Rolf Schulten

Interview

Diakonie-Präsident Schuch: Ohne Pflege zu Hause kollabiert das System