Entkeimung

Mehr Op-Sicherheit durch Ozon

Eine Neuentwicklung der Fachhochschule Dortmund kann künftig Risiken von Spätfolgen nach Herz-Operationen deutlich mindern: Die Wissenschaftler aus den Forschungsschwerpunkten Computersimulation im Maschinenbau und BioMedizinTechnik setzen auf Desinfektion durch Ozon.

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Die Versuchsanlage O3Desi wurde im Universitätsklinikum Bergmannsheil Bochum erfolgreich getestet.

Die Versuchsanlage O3Desi wurde im Universitätsklinikum Bergmannsheil Bochum erfolgreich getestet.

© Fachhochschule Dortmund/Jan Wüst

DORTMUND. Ozon ist ein hochreaktives Fluid, das Keime vernichtet. Diese Eigenschaft haben sich Professor Marius Geller und Diplom-Ingenieur Markus Bongert von der Fachhochschule (FH) Dortmund bei der Entwicklung einer Versuchsanlage zunutzegemacht, mit der sich Hypothermiegeräten entkeimen lassen, teilt die Fachhochschule mit.

Diese Geräte werden ja in der Medizin eingesetzt, um etwa bei Herz-Operationen die Körperkerntemperatur des Patienten um einige Grade zu senken, damit wichtige Organe geschützt werden.

In einer Studie von 2015 wurde erstmals ein Zusammenhang zwischen postoperativen Infektionen mit dem „Mykobakterium chimaera“ und einer Kontamination des Wassers in Hypothermiegeräten nachgewiesen, heißt es in der Mitteilung der FH Dortmund.

Das Bakterium ist für gesunde Menschen ungefährlich, aber für immungeschwächte Herz-Patienten ein erhebliches Risiko. Der langsam wachsende Keim kann auch noch Jahre nach einer Operation Pneumonien oder Endokarditiden verursachen.

Es handelt sich um ein weltweites Problem, denn ähnliche Infektionen wurden in vielen Ländern entdeckt. 2017 bestätigte sich der Verdacht, dass die OP-Geräte teilweise bereits bei der Produktion kontaminiert wurden.

Desinfektionsaggregat erfunden

„Mit dieser Problemstellung wandte sich Dr. Dirk Buchwald vom Uniklinikum Bergmannsheil Bochum an unseren Forschungsschwerpunkt“, wird Geller, Leiter des Forschungsschwerpunktes Computersimulation im Maschinenbau, in der Mitteilung zitiert.

Einen direkten Draht zwischen dem Klinikum und der FH Dortmund gibt es seit langem – beide Einrichtungen arbeiten als Teil der transdisziplinären Arbeitsgruppe CaSuS-T (Cardiac Surgery, Simulation and Technology) daran, die bedarfsorientierte Forschung zur Behandlung von Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems vorwärts zu treiben. Dazu werden Methoden aus der Medizin und den Ingenieurwissenschaften kombiniert.

„Dr. Buchwald und ich haben ein Desinfektionsaggregat erfunden, das die Keime im Wasserkreislauf der Hypothermiegeräte mit Ozon eliminiert und dadurch die Gefahr einer Infektion der Patienten verhindert“, erklärt O3Desi-Projektleiter Bongert.

Mit dem Verfahren der numerischen Strömungssimulation konnten die Forscher zunächst die Reduktion der Bakterien in einer kompletten Versuchsanlage abbilden, um so einerseits die prinzipielle Desinfektionsleistung zu zeigen und andererseits, um die konstruktive Gestaltung des Zusatzgerätes zu überprüfen.

Erfolgreicher Testlauf

In aufwendigen Reihenversuchen am Uniklinikum Bochum wurde die in der FH Dortmund gebaute Anlage dann erprobt und die Desinfektion an einem Indikatorkeim erfolgreich nachgewiesen.

Wichtig sei dabei nicht nur die Desinfektionsleistung gewesen, sondern auch, dass nach der Entkeimung kein Ozon mehr im Wasser war, erklärt Jan Wüst, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt O3Desi: „Dass sich das eingesetzte Ozon restlos zersetzt, konnten wir mithilfe von Sensoren detektieren“.

Die neue Technik, die auf medizinischen Fachmessen und -tagungen auf großes Interesse stößt, soll schon bald Einzug in den Operationssaal halten: Verfahren und Gerät befinden sich derzeit im Patent-Verfahren für Deutschland, heißt es in der Mitteilung der FH Dortmund.

Für den Weg in eine zukünftige industrielle Fertigung wird die jetzige Versuchsanlage mit dem Industriepartner Innovatec Gerätetechnik GmbH zu einem Demonstrator weiterentwickelt, welcher die optimale Anwendungsreife und auch die notwendige Produktakzeptanz schaffen soll. (eb)

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