Kommentar zum Impfen
Verpasste Chancen
Gerade hat der Bundestag das Präventionsgesetz verabschiedet, da erwägt Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) eine Impfpflicht für Kinder. Der Grund ist ernst: Die Zahl der Masernfälle nimmt zu, das Ziel, diese Krankheit zu eliminieren, wird Deutschland zum wiederholten Male verfehlen.
Allerdings: Nicht alles, was vernünftig ist, muss gesetzlich geregelt sein. Die immer noch sehr unterschiedlichen Impfraten in Ost- und Westdeutschland zeigen vielmehr, dass es verschiedenartigeAttitüden und Kulturen beim Impfverhalten gibt, die sich über Jahrzehnte entwickelt und in der Bevölkerung verfestigt haben. Ein neuer Paragraf wäre wahrscheinlich nur Gesetzeslyrik - unwirksam.
Dass es anders geht, zeigen Hausärzte und AOK in Baden-Württemberg. Dort sind im Hausarztvertrag Boni bei Erreichen bestimmter Impfquoten vereinbart. Das ist eine Option - unter vielen.
Das Manko in Deutschland ist, dass es unterhalb gesetzlicher Normen keine konsentierte und konsequente Impfstrategie gibt: Laissez faire bei vielen Ärzteorganisationen, Beliebigkeit bei den meisten Krankenkassen, Sonntagsreden bei Landesgesundheitspolitikern.
Wirklich aktiv ist nur jener berühmte Finger, der auf "die anderen" zeigt.
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