Grippeviren ebnen tödlichen Bakterien den Weg

Influenza ist für Kinder gefährlich - und besonders dann, wenn sie auch noch mit MRSA infiziert sind. Denn die Viren strapazieren das Immunsystem und bahnen den trittbrettfahrenden Bakterien den Weg.

Veröffentlicht:
Grippekomplikationen erfordern oft künstliche Beatmung.

Grippekomplikationen erfordern oft künstliche Beatmung.

© Döring / imago

BOSTON (mut). Besonders viele Kinder hatten sich mit dem Schweinegrippe-Virus während der Pandemie 2009/2010 infiziert.

Nach Schätzungen war in den USA jeder zehnte Grippetote im Alter unter 18 Jahren, zwischen 1000 und 2000 Kinder und Jugendliche sind dort daran gestorben.

MRSA stach hervor

Wie sich herausstellte, waren es dabei auch Bakterien, die als Trittbrettfahrer eine Situation nutzten, in der das Immunsystem durch H1N1-Viren deutlich geschwächt war.

Wie Ärzte um Dr. Adrienne Randolph aus Boston berichten, taten sich hierbei besonders Methicillin-resistente Staphylokokken (MRSA) hervor.

Viele Kinder, die starben, hatten geschwächtes Immunsystem

Die Forscher hatten Daten von 838 Kindern ausgewertet, die aufgrund einer Influenza-Infektion in einer Klinik behandelt werden mussten (Pediatrics 2011, online 7. November). Die Kinder waren im Schnitt sechs Jahre alt, meist waren schwere Atemprobleme Grund für die Einweisung, zwei Drittel von ihnen mussten künstlich beatmet werden.

Insgesamt starben trotz intensivmedizinischer Therapie 75 Kinder (9 Prozent). Wie auch bei Erwachsenen, so hatten viele der Kinder mit schwerem Verlauf chronische Erkrankungen wie Asthma oder ein geschwächtes Immunsystem.

Jedes dritte eingelieferte Kind war vor der Grippewelle gesund

251 Kinder (etwa 30 Prozent) hatten jedoch keine bekannten Risikofaktoren und waren vor der Grippewelle völlig gesund. Von diesen hatten etwa 10 Prozent zusätzlich eine Staphylokokken-Infektion.

Von den zuvor gesunden Kindern starben 18, und davon waren 8, also knapp die Hälfte, mit MRSA infiziert. Daraus ließ sich ein achtfach höheres Sterberisiko berechnen, wenn die Kinder beide Erreger zugleich bekämpfen mussten statt nur Influenza.

Offenbar hat H1N1-Virus Immunsystem überfordert

Bei den Kindern, die an der Koinfektion starben, hatten die Ärzte eine stark nekrotisierende Pneumonie festgestellt. Sie erinnerte an die zerfressenen Lungen von stark immunsupprimierten Patienten nach einer MRSA-Attacke - offenbar hatte das H1N1-Virus das Immunsystem überfordert.

 Sorgen bereitete den Ärzten, dass sich die Rate von hospitalisierten Kindern mit MRSA binnen zehn Jahren mehr als verzehnfacht hat, wobei die meisten der Infektionen ambulant erworben wurden.

STIKO empfiehlt Influenzaschutz für Kindern mit chronischen Krankheiten

Bei koinfizierten Kindern schlug oft weder die antivirale Therapie mit Oseltamivir an, noch die antibakterielle mit Vancomyzin. Oseltamivir war bei den Kindern in der Studie allerdings meist zu spät - nämlich erst in der Klinik - gegeben worden.

Die Daten der Untersuchung zeigen erneut, wie wichtig es ist, auch Kinder gegen Influenza zu impfen. So empfiehlt die STIKO auf jeden Fall einen Influenzaschutz bei Kindern mit chronischen Krankheiten, etwa mit Asthma oder Herzerkrankungen.

Mehr zum Thema

Hämatologe gibt Tipps

Krebspatienten impfen: Das gilt es zu beachten

Influenza

Impfung gegen Influenza mit deutlichem Zusatznutzen

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Kommunikation und Datenschutz

Neue Perspektiven für IT in der Praxis

Lesetipps
Ulrike Elsner

© Rolf Schulten

Interview

vdek-Chefin Elsner: „Es werden munter weiter Lasten auf die GKV verlagert!“