US-Studie

Clostridium difficile lauert auch in der Notaufnahme

Neben eine Antibiose sind häufige Arztkontakte ein wesentlicher Risikofaktor für eine ambulant erworbene Clostridien-Infektion. Vor allem beim Besuch einer Notaufnahme ist das Infektionsrisiko erhöht.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Keime: Clostridium difficile verursacht oft schwere Kolitiden

Keime: Clostridium difficile verursacht oft schwere Kolitiden

© Dr_Kateryna / Fotolia

ATLANTA. Clostridium difficile sorgt immer wieder für schwere, mitunter letal verlaufende Kolitiden. Der Keim breitet sich gerne nach einer Antibiose im Darm aus und ist bevorzugt in Kliniken anzutreffen. Doch mittlerweile holen sich rund 40 Prozent der Infizierten die Keime außerhalb von Kliniken, zudem hatten nach Studien ebenfalls 40 Prozent der Erkrankten in den Wochen vor der Infektion keinen Kontakt mit Antibiotika. Es muss also noch andere wichtige Quellen und Risikokonstellationen geben als die Antibiose im Krankenhaus.

Studie mit 226 Patienten

Ein Team um Dr. Alice Guh von den Centers for Disease Control and Prevention (CDC) in Atlanta hat sich aus diesem Grund in einer Studie 226 Clostridium-Infizierte aus zehn US-Bundesstaaten genauer angeschaut (Open Forum Infectious Diseases 2017; online 26. Oktober). Berücksichtigt wurden nur erwachsene Patienten, die in den drei Monaten vor der Infektion in keiner Klinik waren und positive Stuhlproben vorweisen konnten. Rund 30 Prozent der Patienten mussten aufgrund ihrer Beschwerden klinisch behandelt werden, keiner hatte jedoch ein toxisches Megakolon entwickelt.

Jedem Clostridium-Patienten stellten die Forscher einen gleichaltrigen Bewohner mit demselben Geschlecht aus derselben Region gegenüber. Die Teilnehmer dieser Kontrollgruppe durften aktuell keinen Durchfall haben und mussten ebenfalls einen stationären Aufenthalt in den vergangenen drei Monaten ausschließen. Solche Personen wurden mithilfe von Behördendaten zufällig ausgewählt und per Telefon angesprochen.

Wissenschaftler um Guh befragten nun sowohl die Patienten als auch die Teilnehmer der Kontrollgruppe intensiv zu ihren Lebensgewohnheiten, Krankheiten, Medikamenten und Arztkontakten in den vergangenen drei Monaten.

Wie erwartet, hatten deutlich mehr Clostridium-Patienten als Kontrollpersonen Antibiotika eingenommen (62 versus 10 Prozent). Mehr als die Hälfte der Patienten erhielt Antibiotika in den zwei Wochen vor Krankheitsbeginn. Bezogen auf die einzelnen Antibiotikaklassen konnten die Forscher ein 10- bis 35-fach erhöhtes Risiko für eine Clostridium-Infektion feststellen. Am höchsten ist die Gefahr nach diesen Daten für Clindamycin und Fluorchinolone, am geringsten unter Beta-Lactam-Antibiotika.

Wenig überraschend hatten die Clostridium-Infizierten in den drei Monaten vor der Infektion deutlich häufiger als die Kontrollpersonen das Gesundheitssystem in Anspruch genommen (82 versus 58 Prozent). Auch in den zwei Wochen vor der Infektion gingen sie häufiger zum Arzt oder in eine Gesundheitseinrichtung (56 versus 37 Prozent) . Auffallend ist, dass 11 Prozent der späteren Clostridium-Patienten eine Notaufnahme aufgesucht hatten, nur 1,4 Prozent waren es in der Kontrollgruppe. Die Clostridium-Infizierten hatten zudem vor der Erkrankung häufiger dentale Eingriffe erduldet als Kontrollpersonen (17 versus 5 Prozent), Zahnreinigungen wurden in beiden Gruppen dagegen ähnlich häufig vorgenommen. Ebenfalls häufiger als Kontrollpersonen hatten sich die Clostridium-Patienten zuvor ambulanten Operationen unterzogen.

Antibiose größter Risikofaktor

Schließlich litten die Clostridium-Patienten weitaus häufiger an KHK, Hypertonie, Depressionen, Harninfekten, entzündlichen Darmerkrankungen und Nierenleiden, aber nicht häufiger an Lungenkrankheiten, Diabetes oder Tumoren.

Keine größeren Unterschiede zwischen den Gruppen gab es bei der Ernährung und Risikoquellen im Haushalt. Windeltragende Personen waren bei den Patienten im Haushalt etwas häufiger anzutreffen, auch gab es bei ihnen etwas öfter stationär behandelte Personen, die Unterschiede zur Kontrollgruppe waren aber nicht signifikant.

Was folgt also aus diesen Resultaten? Antibiotika scheinen mit Abstand der größte Risikofaktor für eine ambulant erworbene Clostridien-Infektion zu sein. Vieles andere folgt daraus: Multimorbide Patienten und solche mit bestimmten Erkrankungen wie Harnwegsinfekten erhalten vermehrt Antibiotika, womit sie ihr Clostridien-Infektionsrisiko steigern. Vielleicht bekommen sie mit dem Antibiotikarezept beim Arzt auch gleich die Clostridien als Zugabe. Das scheint vor allem in den Notaufnahmen der Fall zu sein. Hier bestehe auch unabhängig von einem Antibiotikarezept ein erhöhtes Infektionsrisiko, schreiben die Forscher um Guh. Sie verweisen auf Untersuchungen, wonach sich in jeder siebten Notaufnahme toxische Clostridien nachweisen lassen.

Probleme mit den ambulant erworbenen Clostridien-Infekten ließen sich folglich deutlich mildern, würden Ärzte vorsichtiger mit Antibiotika umgehen und die Notaufnahmen ihre Kontaminationsrisiken im Griff haben, schließen die CDC-Mitarbeiter aus ihrer Untersuchung.

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