Schweinegrippe:Aufsteller weisen den Weg für Impfwillige

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Der Medienrummel zum Start der Impfkampagne ist groß. Doch am Tag 1 der Pandemie-Impfung bilden sich keine Schlangen - jedenfalls nicht im Bremer Gesundheitsamt.

Von Christian Beneker

BREMEN. "Es wird Tote geben, keine Frage." Das sagt Dr. Franz Stümpel. Leiter des Bremer Gesundheitsamtes in die Mikrofone der Journalisten. Gut zehn von ihnen sind gekommen, um über den Beginn der Schweinegrippe-Impfungen, die heute hier und in den Gesundheitsämtern Bremen-Nord und Bremerhaven beginnen soll, zu berichten. Stümpel spricht über die Notwendigkeit der Impfung, über möglich und sicher zu erwartende Konsequenzen, etwa Menschen, die wie in jedem Jahr an Grippe sterben werden. Kein Zweifel, der Chef des Gesundheitsamtes hält die Impfung für richtig.

Das Gesundheitsamt Bremen ist bestens gerüstet für die große H1N1-Impfaktion.

Das Gesundheitsamt Bremen ist bestens gerüstet für die große H1N1-Impfaktion.

© Foto: cben

Dessen ungeachtet bleiben die Impfwilligen an diesem Montag noch aus. Die Reporter stehen ratlos mit Kameras und Mikros in den leeren Fluren des Gesundheitsamts und suchen Menschen, die sie befragen könnten. Aber sie finden nur Mitarbeiter, die Zeitung lesen oder ihr Frühstücksbrot kauen.

Einladung zur Impfung an alle Arztpraxen

Die ersten Impfwilligen der "Prioritätsgruppe 1", also die Angehörigen der Gesundheitsberufe, Polizisten und Feuerwehrleute, können ab sofort ins Gesundheitsamt kommen, um sich gegen H1N1 impfen zu lassen so der Bremer Plan: "Die Impfung ist eine Vorsorgemaßnahme für eine mögliche zweite Welle der Neuen Grippe, über deren Stärke und Wahrscheinlichkeit heute keine definitive Aussage gemacht werden kann. Tatsache ist jedoch, dass verschiedene Pandemien in den letzten 100 Jahren zweifach in Europa aufgetreten sind und die zweite Welle einen deutlich schwereren Verlauf genommen hat als die erste", heißt es im Einladungsschreiben an die Arztpraxen.

Dies sei das erste Mal, dass in Deutschland einer derartige Impfung durchgeführt werde, so Stümpel: "Wir konnten allerdings aufsetzen auf Pläne, die wegen einer mögliche Pockenepidemie nach dem 11. September 2001 gefasst wurden und nach den Erfahrungen, die wir mit der Vogelgrippe gemacht haben." Rund 15 000 Bremerinnen und Bremer arbeiten in den Berufen der "Prioriätsgruppe 1", so Stümpel. Bis zehn Uhr sind zwölf Menschen gekommen. Seit Mai sind 175 H1N1-Fälle in Bremen diagnostiziert worden, was der Chef des Amtes "ziemlich sicher für eine Untererfassung" hält.

Jetzt kommt doch ein Impfwilliger zur Tür herein: Thomas Hasper, der Pförtner des Gesundheitsamtes. Dagmar Kiebusch, Mitarbeiterin des Amtes, die mit einer Kollegin einsam in einem Glaskasten sitzt, nimmt Haspers Einverständniserklärung entgegen, prüft den Impfpass und den Evaluationsbogen. Wer keinen Impfpass besitzt, erhält ein Kärtchen mit der Bestätigung "Name, Vorname, erhielt die Influenza-Impfung mit Pandemie-Impfstoff 2009/2010." Eigentlich müsste Hasper einen Nachweis darüber beibringen, dass er wirklich zur Prioritätsgruppe 1 gehört, "aber Herr Hasper ist im Haus bekannt," sagt Frau Kiebusch lächelnd.

Alle Mitarbeiter des Gesundheitsamtes, es dürften an die 200 sein, sind dienstverpflichtet worden und bis Weihnachten in Teams eingeteilt, um das Bremer Impfregime reibungslos durchzuziehen: Zunächst Prioritätsstufe 1, dann die chronisch kranken Patienten und besonders adipöse Personen und schließlich die Allgemeinbevölkerung. Sie wird in den rund 30 ausgesuchten Impfpraxen vor allem von Hausärzten versorgt. Per Zeitung, Rundfunk und Internet wird die Bevölkerung alphabetisch aufgerufen werden. Die ersten 14 000 Impfdosen liegen in 28 Paketen bereit, versichert Stümpel. 400 000 sind insgesamt bestellt, sie sollen für ein Drittel der Bremer reichen. Anders in Niedersachsen. Dort wurde der Beginn der Impfungen auf Freitag, 30. Oktober, verschoben.

Das Bremer Amt scheint bestens auf einen Ansturm vorbereitet: Große Aufsteller weisen den Weg in die Impfräume. In jedem Raum wartet eine Ärztin oder ein Arzt des Hauses samt assistierender Schwester auf die Impfwilligen. "Laus, Maus, Floh und Co" "Motten mögen Maschen" - die Plakate an der Wand des Impfraumes "3" zeigen, dass man sich hier sonst um andere Erkrankungen kümmert. Mehrere Fortbildungen zum Thema H1N1 haben die Ärzte absolviert - "und zwar verpflichtend", wie Kinderärztin Monika Reinhardt sagt.

"Das Ganze ist doch nichts Besonderes"

Thomas Hasper erhält von ihr eine der 14000 Dosen in den Oberarm gespritzt. "Ich gehe in jedem Jahr zur Grippeimpfung," sagt Hasper, "das Ganze ist nichts Besonderes."

Auch Reinhardt will sich auf jeden Fall selber impfen lassen. Viele Ärzte scheinen das anders zu sehen. "Nur 30 Prozent wollen sich impfen lassen" meint eine Mitarbeiterin des Amtes. Für Reinhardt unverständlich. "Ich mache das in erster Linie, weil ich die Krankheit nicht verbreiten will," sagt sie, "ich habe ja täglich mit kranken Kindern zu tun. Da muss man vorsichtig sein."

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