Schweinegrippe: Trotz Impfskepsis mehr Impfwillige als Impfdosen

DRESDEN/STUTTGART (tra/mut). Während in Sachsen sich die Gesundheitsämter vor impfwilligen Bürgern kaum retten können, verstärkt sich in Baden-Württemberg und in anderen Ländern die Diskussion, warum die Impfstoffverteilung so schleppend vorangeht.

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Die Nachfrage nach Pandemrix® ist gestiegen.

Die Nachfrage nach Pandemrix® ist gestiegen.

© Foto: dpa

Im einigen Bundesländern stehen so manche impfbereiten Ärzte vor dem Problem, dass sie nicht an die Vakzine kommen (wir berichteten). In einer Mitteilung betonte jetzt der Landesapothekerverband (LAV) Baden-Württemberg, dass nicht die Apotheker daran Schuld seien. "Die Knappheit ist in erster Linie auf Produktionsprobleme beim Hersteller zurückzuführen", sagte LAV-Präsident Fritz Becker. Bisher seien bis zur ersten Novemberwoche 316 000 Dosen statt der geplanten 1,5 Millionen Dosen geliefert worden. Nach Angaben des Thüringer Gesundheitsministeriums haben die Bundesländer insgesamt seit Beginn der Impfungen nur 1,5 Millionen Impfdosen erhalten - etwa die Hälfte der bis zu diesem Zeitpunkt versprochenen Menge.

Wie der Impfstoff-Hersteller GlaxoSmithKline auf Anfrage der "Ärzte Zeitung" mitteilt, liegen die lieferbaren Impfdosen zwar unter der ursprünglich mit Vorbehalt kommunizierten Planungsmengen, entsprechen aber den verbindlich zugesagten wöchentlichen Liefermengen an die Länder. Gründe für die verzögerte Produktion seien schlecht wachsende Saatviren, Nachtestungen einzelner Impfstoffchargen sowie neue Vorgaben der EU-Zulassungsbehörde zur Impfdokumentation. Ab Ende November sollen die Umstellungen im Produktionsprozess greifen und die Liefermengen spürbar steigen.

In Sachsen gibt es andere Probleme: Schon vor dem offiziellen Start der Schweinegrippe-Impfung für die allgemeine Bevölkerung melden die Gesundheitsämter in großen Städten regen Andrang. Viele Dresdner wünschten vorzeitig die Impfung gegen das H1N1-Virus. "Wenn wir die Nachfrage nicht kanalisiert hätten, würden die Patienten den Betrieb lahmgelegt haben", so Dr. Jörg Wendisch, Leiter des Gesundheitsamts.

Als problematisch bezeichnet er den Kinderanteil unter den Wartenden. Kinderärzte würden kleine Patienten, darunter auch solche mit chronischen Krankheiten, schicken, klagt Wendisch. Auch in Leipzig ist die Nachfrage der Bürger bei dem Gesundheitsamt groß. Grund sei, dass sich in Leipzig eine deutliche Anzahl Hausärzte weigerte, zu impfen, so Gesundheitsamtsleiterin Dr. Regine Krause-Döring. 

Teilweise seien Patienten ohne Termin gekommen und hätten sich geweigert, ohne Impfung zu gehen. "Die KV wird an alle Hausärzte appellieren, sich zu beteiligen", sagte der Leiter der Leipziger KV-Geschäftsstelle, Dieter Gerlich. Die KV verschaffe sich derzeit einen Überblick über die Praxen, die impfen. Die Leipziger Impfstelle hatte 10 000 Dosen geordert. 8000 Dosen seien laut Dr. Krause-Döring verbraucht.

In Chemnitz kommt die Impfung voran. Mitarbeiter von Krankenhäusern und Praxen zeigten aber eher geringes Interesse. 13 von 407 Arztpraxen in der Stadt hatten am ersten Tag Zehner-Impfdosen abgeholt, so er Leiter der Impfstelle, Dr. Liebhard Monzer. Ein Krankenhaus mit 600 Mitarbeitern habe 130 Dosen geordert, eines mit rund 500 Mitarbeitern sogar nur dreizehn Dosen. Er schloss aber nicht aus, dass das Interesse bei Pflegediensten und dem medizinischen Personal in den kommenden Wochen anzieht.

Nur wenige Chemnitzer Hausärzte wollen nicht impfen. Zusammen mit der KV-Bezirksgeschäftsstelle würden impfwillige Ausweichpraxen gesucht und den Patienten benannt. "Ich schicke aber jeden weg, der nicht Schlüsselperson ist", sagte Monzer. Die Impfstelle hält Kontakt zu Ärzten, die ab kommender Woche auf Honorarbasis einspringen können. Ein "limitierender Faktor" bei großem Andrang sei das eher knappe mittlere medizinische Personal.

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