Tuberkulose

Diagnose-Tests bei Abwehrschwäche unzuverlässig

Viele Menschen sind mit Tuberkulose infiziert, ohne daran zu erkranken. Bei immungeschwächten Patienten sind die verfügbaren Haut- und Bluttests aber nur bedingt geeignet, das Erkrankungsrisiko abzuschätzen, so eine aktuelle Studie.

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Untersuchung eines Patienten mit Tuberkulose-Verdacht. Der Tuberkulin-Hauttest ist bei Immunschwäche nicht aussagekräftig.

Untersuchung eines Patienten mit Tuberkulose-Verdacht. Der Tuberkulin-Hauttest ist bei Immunschwäche nicht aussagekräftig.

© Armin Weigel / dpa

HOMBURG / SAAR. Etwa ein Drittel der Weltbevölkerung ist mit Mycobacterium tuberculosis oder verwandten Mykobakterien infiziert. Die Tuberkulose bricht allerdings nur bei einem kleinen Teil der Infizierten aus. Ein erhöhtes Risiko für die Atemwegskrankheit haben dabei besonders Menschen mit Immunschwäche.

Um eine latente Tuberkulose ohne Erkrankungsausbruch zu erkennen, setzen Mediziner auf zwei Diagnoseverfahren: Beim Pricktest injiziert der Arzt dem Patienten Tuberkulin in die Haut. Es handelt sich dabei um ein Eiweißgemisch mit Bestandteilen des Erregers.

Ist das Immunsystem des Patienten schon einmal mit einem Tuberkulose-Erreger in Kontakt gekommen, hat es bereits Zellen gebildet, die gegen das Tuberkulin reagieren. Nach etwa zwei Tagen bildet sich an der Einstichstelle eine deutliche Verhärtung.

Bluttests als Alternative

"Das bedeutet aber nicht unbedingt, dass der Patient sich mit Mycobacterium tuberculosis infiziert hat, da das Tuberkulin Partikel enthält, die auch bei anderen Mykobakterien vorkommen", erläutert Professor Martina Sester, Leiterin des Instituts für Transplantations- und Infektionsimmunologie der Saar-Uni.

 "Außerdem ist die Methode bei immungeschwächten Patienten nicht aussagekräftig. Sie können infiziert sein, das Immunsystem ist aber nicht in der Lage, zu reagieren. In der Folge fällt der Test negativ aus."

Als Alternative zu dem Tuberkulin-Hauttest gibt es zwei einfach zu handhabende Bluttest-Verfahren (Interferon-gamma release assays, IGRA). Bei diesen liegt ein Ergebnis nach rund 24 Stunden vor. Das Blut wird dabei mit Bestandteilen des Erregers versetzt, die nur bei Mycobacterium tuberculosis vorkommen.

Im Anschluss wird die Reaktion der Blutzellen auf diese Bestandteile erfasst. Dazu bestimmen die Mediziner die Konzentration von Interferon-Gamma, einem Protein des Immunsystems. "Ist das Ergebnis positiv, ist der Patient infiziert", sagt Sester.

Erstmals haben jetzt Forscher die Tests in einer europaweiten Studie verglichen und untersucht, inwieweit ihre Ergebnisse bei immungeschwächten Patienten aussagekräftig sind. Außerdem sind sie der Frage nachgegangen, ob sich mit ihnen das Erkrankungsrisiko abschätzen lässt.

Insgesamt haben sie über 1500 Patienten aus elf europäischen Ländern in 17 Kliniken beobachtet (Am J Res and Crit Care Med 2014; online 10. Oktober). Koordiniert wurde die Studie von Sester am Homburger Uniklinikum.

In der Untersuchung wurden fünf Patientengruppen: HIV-Infizierte, Menschen mit Organ- und Stammzellentransplantationen, Rheuma-Kranke sowie Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz.

Die Teilnehmer mussten sich dem Haut- sowie den beiden Bluttests unterziehen. Über zwei Jahre hinweg haben die Ärzte überprüft, bei welchen Probanden es zur Tuberkulose kommt.

Daten von Forschern aus elf Ländern

Die Studie zeigt, dass die Bluttests bei Patienten mit Immunschwäche besser als der Tuberkulin-Hauttest zum Nachweis einer Infektion geeignet sind. Allerdings sind Aussagen zur Abschätzung des Risikos einer Erkrankung nur begrenzt möglich.

"25 bis 30 Prozent der Patienten mit Rheuma oder Niereninsuffizienz hatten laut der Tests eine Infektion. Allerdings kam es bei keinem zu einer Tuberkulose", so Sester.

Zu einem Ausbruch der Krankheit kam es bei nur zehn HIV-Infizierten und einem Patienten mit Organtransplantation - bei sechs davon ergaben die Tests keinen Hinweis auf eine Infektion, nur bei zwei von ihnen waren alle Tests positiv.

Die Forscher werden nun weiter an der Entwicklung der Testmethoden arbeiten, um die Diagnose zu verbessern und das Risiko einer Erkrankung besser vorherzusagen. An der Studie waren 29 Forscher des Tuberkulosenetzwerkes TBNET aus elf Ländern beteiligt. (eb)

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