Gezielte Krebstherapie für ausgewählte Patienten

KARLSRUHE (kat). Die über spezifische Zellmerkmale gezielt angreifende Krebstherapie - auch als "targeted therapy" bezeichnet - hat große Hoffnungen geweckt. Ein Hoffnungsträger in diesem Konzept ist Gefitinib, das den EGF-Rezeptor als Andockstelle blockiert.

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Von dem Rezeptor für den epidermalen Wachstumsfaktor (EGF) gibt es übermäßig viele auf den meisten soliden Tumoren. Die bittere Lektion aus Phase-II- und -III-Studien ist: Nur Patienten mit Mutationen in diesem Rezeptor profitieren von Gefitinib. Vor der Therapie wäre also eine Auswahl der Patienten notwendig.

    EGF-Rezeptor sitzt auf vielen Tumoren.
   

Man sei davon ausgegangen, so Professor Michael Flentje aus Würzburg, daß der selektive Angriff mit Gefitinib aufgrund der übermäßigen Synthese des EGF-Rezeptors eine höhere Empfindlichkeit des Tumors auf Chemotherapien nach sich ziehen würde. Dies berichtete Flentje bei einer von dem Unternehmen AstraZeneca unterstützten Veranstaltung in Karlsruhe.

Therapeutisch hätte die Rezeptorblockade von Nutzen sein müssen, denn die Überexpression des EGF-Rezeptors ist ein prognostisch ungünstiger Parameter, der zu gesteigerter Zellvermehrung, verringerter Apoptose, vermehrter Angiogenese und deutlich mehr Metastasen führt.

In zwei Phase-II-Studien hatte sich Gefitinib (250 mg/Tag) bei Lungenkrebs auch als wirksam erwiesen; in der Drittlinien-Therapie kam es bei zwölf Prozent der Patienten zu einer partiellen Remission und insgesamt zu einer deutlichen Symptom-Verbesserung. Bei genauerer Betrachtung lag die Ansprechrate bei Adenokarzinomen, bei Jüngeren, bei Frauen, bei Asiaten und Menschen, die nie geraucht hatten, bei 20 Prozent.

Die Hoffnungen wurden in der nächsten Stufe der klinischen Prüfung herbe enttäuscht. Beide Phase-III-Studien mit dreiarmigem Design (250 und 500 mg/d-Dosis versus Standard-Chemotherapie) ergaben in der Erstlininen-Therapie keinen Vorteil. Es zeigte sich, daß partielle Remissionen nur auftraten, wenn eine Mutation im EGF-Rezeptor vorlag. Auch in einer Phase-III-Studie mit 1600 Patienten ergab sich nach einem Jahr ein tendenzieller Vorteil für Asiaten und Patienten, die nie geraucht hatten.

Sinnvoll ist also die "targeted therapy" immer dann, wenn die Patienten ausgewählt werden können, also zum Beispiel Her-2/neu-positive Patienten zur Behandlung mit Herceptin oder Leukämie-Patienten mit dem krebsfördernden Philadelphia-Chromosom für die Therapie mit Imatinib.

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