Überlebensvorteil bei inoperablem Pankreas-Ca durch neue Substanzen

Die mittlere Überlebenszeit bei lokal nicht resezierbarem Pankreas-Karzinom liegt bei zehn bis zwölf Monaten. Ist der Tumor bei Diagnosestellung metastasiert, leben die Patienten im Durchschnitt noch vier bis sechs Monate. Dies könnte sich ändern: Zum einen zeichnen sich Erfolge von systemischen Therapien mit neuen Substanzkombinationen ab, zum anderen wird die CT-gesteuerte Brachytherapie bei Metastasen weiterentwickelt.

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Nicola Siegmund-Schultze

Bei Patienten mit lokal nicht resezierbarem Pankreas-Karzinom zeichnen sich Erfolge einer systemischen Therapie mit neuen Substanzkombinationen ab: Vor kurzem ist in einer Phase-III-Studie belegt worden, daß Gemcitabin plus Erlotinib Patienten mit fortgeschrittenem Pankreaskarzinom einen Überlebensvorteil verschafft im Vergleich zu der Monotherapie mit Gemcitabin.

Erlotinib ist ein oraler, reversibler Hemmer der EGFR-Tyrosinkinase (EGFR steht für Epidermal Growth Factor Receptor). Die Substanz ist in in den USA vor kurzem für die Behandlung bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem, nicht operierbarem oder metastasiertem Pankreas-Ca zugelassen worden - und zwar in Kombination mit der Standard-Chemotherapie mit Gemcitabin. In Europa besteht seit September dieses Jahres die Zulassung zur Behandlung von Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom, bei denen mindestens eine vorangegangene Chemotherapie versagt hat.

Die Daten der multizentrischen Phase-III-Studie zur Wirksamkeit von Erlotinib bei Patienten mit fortgeschrittenem Pankreas-Karzinom hat in Berlin Professor Matthias Löhr von der Medizinischen Klinik Mannheim der Universität Heidelberg vorgestellt. Die Studie, an der 140 Kliniken in 17 Nationen beteiligt waren, lief unter Federführung der National Cancer Institutes of Canada. 569 Patienten haben teilgenommen und erhielten entweder Gemcitabin plus Erlotinib oder Gemcitabin allein. Primärer Endpunkt war das Überleben.

In diesem Parameter hatten die Probanden im Kombinationsarm einen signifikanten Vorteil, berichtete Löhr mit Bezug auf die Tagung der American Society of Clinical Oncology (ASCO) im Mai dieses Jahres in Orlando. Dort sind die Studienergebnisse erstmals präsentiert worden.

Ein Jahr überlebten 17 Prozent der Teilnehmer mit der Gemcitabin-Monotherapie, 24 Prozent waren es im Kombinationsarm. Nach zehn Jahren sei es die erste randomisierte Studie, die einen Überlebensvorteil für diese Patientengruppe durch Hinzufügen eines Medikamentes zum Therapiestandard Gemcitabin belegt.

EndoTAG-1 unterbindet Sauerstoffversorgung des Tumors

Einen weiteren vielversprechenden Kombinationspartner für Gemcitabin untersuchen Löhr und Kollegen aus vier europäischen Ländern in einer vor kurzem begonnenen Phase-II-Studie: Der Wirkstoff heißt EndoTAG-1 (MediGene AG). Die Substanz ist eine Kombination aus Paclitaxel mit einem Trägersystem aus positiv geladenen Lipidmolekülen. Diese sammeln sich bevorzugt um neu gebildete Blutgefäße herum.

Das im Schlepptau transportierte Paclitaxel soll diese zerstören, dadurch die Sauerstoffversorgung und schließlich das Wachstum des Tumors bremsen. In präklinischen Studien ist außerdem ein synergistischer Effekt mit Gemcitabin gefunden worden: Pankreas-Karzinome wurden sensibler für die Gemcitabin-Wirkung. In die Phase-II-Studie sollen 200 zuvor nicht behandelte Patienten mit fortgeschrittenem Pankreas-Ca eingeschlossen werden, die ersten Auswertungen werden Ende nächsten Jahres erwartet.

Auch die lokale, palliative Behandlung von Patienten mit metastasiertem Tumor wird weiterentwickelt. Eine der Methoden ist die CT-gesteuerte Brachytherapie von Metastasen. Gute Erfahrung mit der Brachytherapie bei Lebermetastasen hat Professor Jens Ricke, Radiologe an der Charité Berlin, gemacht. "Eine zeitweise lokale Kontrolle, die bei einigen Kranken auch bei sehr großen Metastasen über ein Jahr anhält, gelingt bei knapp 70 Prozent der Patienten", sagte Ricke zu "Forschung und Praxis".

Die 3-D-Bestrahlungsplanung und die Therapie erfolgen am selben Tag. Grundlage für die Planung ist eine CT-Fluoroskopie mit Kontrastmittel. Im Zielvolumen sollte die Strahlendosis mindestens 20 Gy betragen, erläuterte Ricke. Das bedeute, daß sie im Zentrum der Metastase 100 bis 150 Gy erreichen könne.

Bei der CT-gesteuerten Brachytherapie wird der Katheter, über den die Strahlenquelle (Iridium-192 [192Ir]) direkt an den Tumor gebracht wird, vor der Bestrahlungsplanung gelegt. Bei der Bestrahlungsplanung wird dann die Lage des Katheters (es können auch mehrere sein) für die genaue Lokalisierung der Strahlenquelle und die Dauer der Bestrahlung berücksichtigt, um das Zielvolumen optimal zu erreichen und Risikogewebe möglichst zu schonen.

Die CT-gesteuerte Brachytherapie ist Patienten mit metastasierten Pankreas-Karzinomen dann anzubieten, wenn sie im onkologischen Gesamtkonzept sinnvoll erscheint, zum Beispiel mit einer Zytoreduktion durch systemische Therapie kombiniert werden könne, sagte der Radiologe. Bei Tumoren, die diffus gestreut hätten, sei eine solche Behandlung wenig sinnvoll.

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