Erbgut

Schutzschild gegen Krebs entdeckt

Eine Methyl-Markierung des Erbguts bremst das Tumorwachstum, wie Wissenschaftler vom Deutschen Krebsforschungszentrum herausgefunden haben.

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Durchblick beim Erbgut.

Durchblick beim Erbgut.

© thinkstock

HEIDELBERG. Tumoren wachsen schneller, wenn ihr Erbgut nicht in ausreichendem Maße mit Methylgruppen markiert ist, entdeckten Wissenschaftler aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum. Die Markierung der DNA wirkt offenbar als Schutzschild gegen krebsfördernde Einflüsse.

Es wird auch als "zweiter Code" bezeichnet: Das komplexe Muster an Methylmarkierungen, mit denen das Erbmolekül versehen ist, bildet eine zweite Informationsebene - neben der Erbinformation, die in der Basenfolge der DNA festgelegt ist, teilt das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg mit.

Die Methylmarkierungen versiegeln das Erbmolekül: Wo sie zahlreich sind, ist die DNA stillgelegt und kann nicht abgelesen werden.

Eine Vielzahl an Studien hat bereits gezeigt, dass sich Krebszellen und gesunde Zellen in ihrem Methylierungsmuster unterscheiden. Ein Zusammenhang zwischen der Erbgut-Methylierung und Krebs gilt daher als gesichert.

Professor Frank Lyko aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum erforscht, was genau die Methylmarkierungen in Zellen bewirken.

In einer gemeinsamen Arbeit mit Rudolf Jaenisch vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston zeigte er nun, wie sich eine Blockade der Methylierung auf die Krebsentstehung auswirkt (Plos Genetics 2012, online 20. Dezember).

Die Forscher untersuchten Mäuse, die eine krebsverursachende Mutation im K-ras-Gen tragen und daher in jedem Fall Tumoren entwickeln. In diesen Tieren schalteten sie zusätzlich das Gen für Dnmt3 aus, das Enzym, das Methylgruppen an die DNA anheftet.

"So konnten wir den Einfluss der Methylmarkierung auf die Krebsentstehung direkt untersuchen", erklärt Lyko in der Mitteilung.

Während die Kontrollmäuse mit funktionsfähigem Dnmt3a in der Lunge kleine Tumoren entwickelten, erkrankten ihre Artgenossen ohne Dnmt3a an großen, schnell wachsenden Lungentumoren: Die fehlende Methylierung kurbelt offensichtlich das Tumorwachstum an.

Das Team um Lyko und Jaenisch entzifferte nun erstmals mit einer speziellen Sequenzierungstechnik das Methylmuster des gesamten Tumorerbguts - sowohl der Dnmt3a-positiven wie der Dnmt3a-negativen Lungentumoren.

"Die Methylierung wirkt offenbar wie ein Schutzschild", beschreibt Lyko die Ergebnisse. "Das Schild kann Lücken haben, die Krebs fördern - das beobachten wir bei den Tieren mit funktionierenden Dnmt3a.

Fehlt es jedoch ganz, wie bei den Dnm3a-negativen Mäusen, ist die Aktivität zahlreicher Gene fehlreguliert und der Krebs wächst umso schneller."

Vor einigen Jahren bereits hatten Wissenschaftler entdeckt, dass in Tumorzellen besonders häufig solche Gene durch Methylierung stillgelegt sind, die die Krebsentstehung bremsen.

Daher suchten die Forscher intensiv nach Wirkstoffen, die die DNA-Methylierung drosseln und damit die Krebsbremsen wieder funktionsfähig machen sollten. "Da haben wir aber möglicherweise die Komplexität der Situation unterschätzt", räumt Lyko ein.

Das Fazit der Wissenschaftler ist heute: Medikamente, die die Methylierung beeinflussen, müssen wesentlich präziser werden, um den Krebs effizient bekämpfen zu können. (eb)

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