Schneiden, Cremen und Rotlicht helfen bei Hautkrebs

Die operative Therapie mit histologischer Sicherung ist das Standardvorgehen in der Behandlung von Patienten mit Basalzellkarzinomen und spinozellulären Karzinomen. Moderne Verfahren wie die Photodynamische Therapie (PDT) und topische Behandlung mit Cremes sind wertvolle Weiterentwicklungen, die bereits vorhandene Optionen ergänzen.

Veröffentlicht:

Konstanze Spieth

Die Inzidenz von epithelialen Hauttumoren und ihren Vorstufen, des sogenannten "hellen Hautkrebses", ist in den letzten Jahren drastisch gestiegen. Dazu zählen in erster Linie Basalzellkarzinome, aktinische Keratosen und spinozelluläre Karzinome.

Der zentrale ätiopathogenetische Faktor für alle epithelialen Hauttumoren ist die chronische Lichteinwirkung, und zwar vor allem die UVB-Strahlung. Besonders gefährdet sind Menschen mit heller Haut, hellen Haaren und blauen oder grünen Augen (Hauttyp I oder II) sowie Menschen unter langfristiger Immunsuppression, zum Beispiel nach Organtransplantation.

Außer präventiven Maßnahmen sowohl in der Vermeidung (primäre Prävention) als auch in der Früherkennung der epithelialen Hauttumoren (sekundäre Prävention) sind effektive Therapieverfahren von zentraler Bedeutung. Die Therapie orientiert sich dabei an der

  • histologischen Klassifikation,
  • Größe,
  • Anzahl und Lokalisation der Läsionen sowie an
  • der Compliance und am allgemeinen Gesundheitszustand.

Um das geeignete Therapieverfahren auszuwählen, ist eine exakte histologische Diagnose wichtig. Ziel jeder Therapie ist die vollständige Entfernung oder Zerstörung des Tumors mit einer möglichst niedrigen Rezidivrate unter Berücksichtigung individueller Faktoren.

Definition

  • Basalzellkarzinom Dabei handelt es sich um den häufigsten Tumor der Haut und bei hellhäutigen Menschen um den am häufigsten vorkommenden Tumor weltweit. Das Basalzellkarzinom entsteht ohne Vorstufen und wächst langsam. Es kann umliegendes Gewebe wie Knorpel oder Knochen infiltrieren und zerstören. Der Häufigkeitsgipfel liegt zwischen der 6. und 8. Lebensdekade, Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen. Bei jüngeren Erwachsenen sind Basalzellkarzinome selten, werden aber in letzter Zeit häufiger beobachtet. Das klinische Erscheinungsbild ist sehr vielfältig, häufig liegt jedoch ein derbes, glasiges Knötchen mit Teleangiektasien und einem perlschnurartigen Randsaum vor (noduläres Basalzellkarzinom). Schwierig zu diagnostizieren sind sklerodermiforme Basalzellkarzinome, die zunächst als unscharf begrenzte, narbige Plaques auftreten können. Das pigmentierte Basalzellkarzinom ist eine Variante des nodulären Basalzellkarzinoms mit Melanineinlagerungen. Unauffällig und einem Ekzem oft zum Verwechseln ähnlich, sind die oberflächlichen Basalzellkarzinome, die sich meist an der Rumpfhaut finden.
  • Aktinische Keratose (AK) Die AK ist eine Hautkrebs-Vorstufe und entsteht als Folge der Proliferation atypischer Keratinozyten in chronisch UV-geschädigter Haut. Initial tritt sie häufig als tastbare, kaum sichtbare Keratose mit leichter Rötung auf. Histologisch stellt die AK ein In-situ-Karzinom dar. Die Prävalenz in der nördlichen Hemisphäre wird auf 15 Prozent bei den über 40jährigen geschätzt. In Deutschland sind somit etwa zehn Millionen Menschen betroffen. Das Risiko, daß aus einer AK ein Karzinom entsteht, beträgt bis zu 16 Prozent innerhalb von zehn Jahren. Dies macht die Notwendigkeit einer adäquaten Behandlung deutlich.
  • Spinozelluläres Karzinom Die häufigste Form eines malignen, zur Metastasierung fähigen Tumors. In unseren Breiten liegt die Inzidenz bei 30 von 100 000, in sonnenreicheren Ländern ist sie deutlich höher. Das spinozelluläre Karzinom entsteht am häufigsten als Folge einer UV-geschädigten Haut. Weitere Risikofaktoren sind chronisch-degenerative Hautveränderungen (z. B. Verbrennungsnarben), Immunsuppression oder onkogene humane Papillomaviren. In der Regel bildet sich zunächst ein schmerzloser Knoten, dem eine Keratose aufsitzt, in Folge kann es zu Ulzerationen und Blutungen kommen. Aufgrund seines invasiven Wachstums ist primär ein radikaler, kurativer Therapieansatz notwendig. Je nach Größe und Lokalisation des spinozellulären Karzinoms kann es bei fünf bis zehn Prozent der Patienten zur Bildung von Metastasen kommen.

Chirurgische und destruktive Verfahren

Die operative Therapie mit histologischer Sicherung ist das Standardvorgehen in der Behandlung von Patienten mit Basalzellkarzinomen und spinozellulären Karzinomen. Bei inkompletter Resektion sollten möglichst alle operativen Möglichkeiten der Nachexzision wahrgenommen werden. Die Operation mit systemischer Schnittrandkontrolle - auch histographisch kontrollierte Chirurgie - ist besonders bei Tumoren in schwieriger Lokalisation, bei Rezidivtumoren und infiltrativ wachsenden Tumoren die optimale Therapieoption. Die Horizontalexzision oder Kurettage, bei der der Tumor mit dem Skalpell oder einer scharfen Kurette tangential abgetragen wird, kann für aktinische Keratosen, oberflächliche Basalzellkarzinome sowie für frühinvasive spinozelluläre Karzinome in besonderen klinischen Situationen eine geeignete Therapiemöglichkeit darstellen. Gleiches gilt für andere destruktive Verfahren wie die Kryotherapie. Die Strahlentherapie mit Röntgenweichstrahlen oder Elektronen stellt besonders bei inoperablen Tumoren oder sehr alten Patienten eine wertvolle Alternative bei spinozellulären Karzinomen und Basalzellkarzinomen dar.

Moderne Therapieverfahren

Moderne Verfahren wie die Photodynamische Therapie (PDT) und topische Behandlung mit Cremes wurden in den letzten Jahren entwickelt. Sie sind eine wertvolle Ergänzung zu bereits vorhandenen Optionen, können diese jedoch nicht ersetzen. Sie werden bevorzugt bei frühen Formen von hellem Hautkrebs sowie seinen Vorstufen eingesetzt. Für die jeweiligen Verfahren gilt es dabei, die Indikationen genau zu beachten, um optimale Ergebnisse zu erzielen.

Neue Therapieoptionen bei hellem Hautkrebs
Indikation
Photodynamische Therapie
Imiquimod
Diclofenac

Basalzellkarzinom

oberflächliche und flache noduläre Basaliome (< 2-3 mm dick; nach Kurettage)
oberflächliche Basaliome nicht geeignet,
nicht zugelassen
Aktinische Keratosen (multiple) aktinische Keratosen

Geeignet,
nicht zugelassen

(multiple) aktinische Keratosen
Spinozelluläres Karzinom bedingt geeignet*, nicht zugelassen bedingt geeignet*, nicht zugelassen nicht geeignet,
nicht zugelassen
* in besonderen klinischen Situationen (mehrere frühinvasive Tumoren, organtransplantierte und immunsupprimierte Patienten)
Quelle: Spieth, Tabelle: Forschung und Praxis / Ärzte Zeitung
Die neu entwickelten Therapieverfahren werden vor allem bei frühen Formen von hellem Hautkrebs eingesetzt.
  • Photodynamische Therapie (PDT) Bei diesem Verfahren wird ein Photosensibilisator auf die erkrankte Haut aufgetragen und nach einer Inkubationszeit mit Rotlicht mit einem Emissionsspektrum um 635 nm bestrahlt. Im Gewebe kommt es unter dem Zusammenwirken von Sauerstoff und Licht sowie dem Photosensibilisator zu einer photodynamischen Reaktion. Dabei führt die Bildung von reaktiven Sauerstoffspezies zum Absterben der Tumorzellen und zur Tumornekrose. Die PDT mit Methyl-5-Amino-4-Oxopentanoat (MAOP; Metvix® Creme) ist in Deutschland zur Behandlung bei dünnen oder nicht-hyperkeratotischen, nicht-pigmentierten aktinischen Keratosen und oberflächlichen sowie nodulären Basalzellkarzinomen zugelassen. Die Behandlung ist unkompliziert, jedoch sollten einige Voraussetzungen erfüllt sein: Die zu behandelnde Hautveränderung muß frei von Krusten und flach sein. Hierzu kann eine keratolytische Vorbehandlung und / oder Kurettage von nach außen wachsenden Hautanteilen notwendig sein. Die Creme muß mindestens einen Millimeter dick aufgetragen werden und sollte - um subklinische Hautveränderungen mitzuerfassen - etwa einen Zentimeter über die eigentliche Veränderung hinaus appliziert werden. Anschließend läßt man die Creme drei Stunden einwirken, wobei ein lichtundurchlässiger Verband angelegt wird. Nachdem die Salbenreste entfernt wurden, kann die Bestrahlung erfolgen. Dazu eignet sich zum Beispiel die Lampe Aktilite®, die zur Behandlung in Kombination mit Metvix® Creme vorgesehen ist. Die Belichtungszeit beträgt etwa elf Minuten, während dieser Zeit kommt es zu mäßigen bis mitunter erheblichen Schmerzen. Diese können durch Kühlung - mit Kryospray oder Ventilator - gelindert werden. Bei größeren Arealen bekommen die Patienten gegebenenfalls eine Prämedikation mit Schmerzmitteln oder eine geeignete Lokalanästhesie (Ringblock). Je nach Erkrankung wird die Behandlung nach sieben Tagen wiederholt. In den genannten Indikationen können mit der PDT hohe Remissionsraten mit sehr guten kosmetischen Ergebnissen erzielt werden. Für multiple aktinische Keratosen liegt die Remissionsrate bereits nach einmaliger Bestrahlung bei 71 bis 93 Prozent. Bei oberflächlichen Basalzellkarzinomen liegt sie bei etwa 90 Prozent und beim nodulären Typ zwischen 48 und 79 Prozent. Nicht geeignet für diese Therapie sind unter anderem pigmentierte oder sklerodermiforme Basalzellkarzinome. Da die Behandlung nur etwa zwei bis drei Millimeter tief wirkt, können Patienten mit entsprechend dickeren, invasiv wachsenden Hauttumoren nicht ausreichend behandelt werden.
  • Imiquimod Der topische Immunmodulator Imiquimod (Aldara® 5% Creme) ist wirksam in der Behandlung von Patienten mit aktinischen Keratosen und oberflächlichen Basalzellkarzinomen; zugelassen ist er in Deutschland jedoch nur für letzteres. Über die Bindung an den Toll-like Receptor 7 an der Oberfläche von Immunzellen beschleunigt der Immunmodulator die Apoptose maligner Zellen über immunstimulierende Zytokine. Durch die Freisetzung von Zytokinen wie den Tumornekrosefaktor-a und Interferonen aus den Keratinozyten und Entzündungszellen kommt es während der Behandlung in der Regel zu einer mit Juckreiz oder leichten Schmerzen einhergehenden lokalen Entzündung, die als Voraussetzung für einen Therapieerfolg gilt. Empfohlen wird eine Behandlung mit Imiquimod in der zugelassenen Indikation einmal täglich für fünf Tage pro Woche über sechs Wochen. Die Creme sollte auch einen Zentimeter um den Tumor herum aufgetragen werden und über Nacht acht Stunden einwirken. Die topische Therapie mit Imiquimod ist als Alternative zur Operation oder Kryotherapie bei kleinen oberflächlichen Basaliomen geeignet. Da Langzeitergebnisse zur Therapie von Patienten mit Basalzellkarzinom mit Imiquimod noch ausstehen, kann nicht ausgeschlossen werden, daß höhere Rezidivraten als bei der operativen Therapie erreicht werden können.
  • Diclofenac Ebenfalls zur topischen Anwendung liegt der Wirkstoff Diclofenac dreiprozentig in der Zubereitung Solaraze® als Hyaluronsäure-Gel vor. Als Wirkmechanismus wird eine verminderte Synthese bestimmter Prostaglandine über die Hemmung des Enzyms Cyclooxygenase angenommen. Das Präparat ist zugelassen bei aktinischen Keratosen. Die Behandlung erfolgt zweimal täglich über 90 Tage, indem das Gel dünn auf die zu behandelnden Areale (in der Regel bei multiplen, flachen aktinischen Keratosen) aufgetragen wird. Als Nebenwirkung können lokale Irritationen auftreten. 30 Tage nach einer dreimonatigen Behandlung ist bei der Hälfte der Patienten mit einer kompletten Remission zu rechnen, bei 85 Prozent aller Patienten kommt es zu einer mehr als 75prozentigen Besserung der Läsionen. Eine weitere Therapieoption ist die lokale Anwendung des Zytostatikums 5-Fluorouracil, das als Efudix® Salbe bereits seit langem zur Behandlung bei aktinischen Keratosen und oberflächlichen Basaliomen zugelassen ist. Da es oft zu starken Entzündungsreaktionen kommt, ist eine sehr gute Compliance und Führung der Patienten notwendig.

Prävention

Besonders für Menschen mit Hauttyp I oder II und Kinder ist ein regelmäßiger, ausreichend hoher UV-Schutz (je nach Intensität der Sonne LSF > 30) als präventive Maßnahmen zu empfehlen. Um eine optimale Wirkung zu erzielen, sollte das Lichtschutzpräparat sowohl UVB- als auch UVA-Filter enthalten und in ausreichender Menge aufgetragen werden. Da die Wirkung durch Schwitzen oder beim Schwimmen nachlassen kann, ist wiederholtes Auftragen ratsam, das Nachcremen verlängert jedoch den Schutz nicht, es erhält ihn nur aufrecht. Zudem sollte die Mittagssonne zwischen 12 und 15 Uhr gemieden werden.

Um die Früherkennung von Hauttumoren und ihren Vorstufen zu gewährleisten, sollten sich besonders Patienten mit erhöhtem Risiko sowohl regelmäßig selbst untersuchen als auch die beim Hautarzt angebotene Hautkrebsvorsorge wahrnehmen, auch wenn diese derzeit nicht von den gesetzlichen Kassen übernommen wird.

Dr. Konstanze Spieth, Zentrum der Dermatologie, Klinikum der J. W. Goethe-Universität, Theodor-Stern-Kai 7, 60590 Frankfurt a. M., Tel.: 069 / 6301-83300, Fax: -3804, E-Mail: konstanze.spieth@kgu.de

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