Initiative Darmkrebsmonat - Christa Maar und ihr Kampf gegen Tabus

Will man Menschen überzeugen, ernsthaft Gesundheitsvorsorge zu betreiben, muß man alle Einflußmöglichkeiten nutzen. Dr. Christa Maar hat sie und weiß sie zu nutzen. Ihr und ihren Verbündeten gelingt es seit drei Jahren, immer mehr Menschen zu bewegen, sich auf das bis vor kurzem tabuisierte Thema Darmkrebs einzulassen. An Maars Seite sind dabei auch Hausärzte aus ganz Deutschland.

Von Marion Lisson Veröffentlicht:

"Mit unserer bundesweiten Initiative ‚Darmkrebsmonat‘ hat sich zum Beispiel die Zahl der Koloskopien um bundesweit 35 Prozent erhöht", berichtet die Präsidentin der Felix Burda Stiftung und der Burda Akademie zum Dritten Jahrtausend in Heidelberg. Diese erhöhte Bereitschaft zur Vorsorge sei enorm wichtig. Darmkrebs gehöre zu den Erkrankungen, die bei frühzeitigem Erkennen geheilt werden könnten.

Auf dem Kongreß "Die Zukunft der Medizin - Das neue Bild des Menschen" erzählt Maar im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung" von ihrer Initiative und deren Erfolgen.

Vor zwei Jahren begann die Aktion "Darmkrebsmonat"

"Wir haben in den letzen Jahren bewiesen, daß man mit geeigneten Informations- und Kommunikationsstrategien Bürgern helfen kann, Eigenverantwortung für den Erhalt ihrer Gesundheit zu übernehmen", so Maar.

Seit 2001 steht Maar, deren Sohn im Alter von 33 Jahren an Darmkrebs starb, der Felix Burda Stiftung vor. Mit ihrer aufsehenerregenden Aktion "Darmkrebsmonat", die von Politikern aller Parteien mitgetragen wurde, startete die Stiftung im März 2002.

Eine Kampagne mit großer Wirkung. Schätzungsweise 18 Millionen Zuschauer wurden allein mit verschiedenen Fernsehbeiträgen zum Thema Darmkrebs erreicht.

Darmkrebs ist ein Thema, über das nur ungern gesprochen wird, sagt Maar. Nur ein geringer Teil der Deutschen sei über die Häufigkeit, das Todesrisiko und die Erblichkeit von Darmkrebs informiert. So ähnlich sei es ihr vor dem Tode ihres Sohnes ebenfalls ergangen, schilderte sie einmal in einem Interview.

Viele psychologische Barrieren gelte es zu überwinden, bevor die Vorsorge-Angebote angenommen werden. Überwunden werden müßten Sätze und Gedanken wie: "Krankheit ist Schicksal, da kann man nichts machen" oder: "Ich habe Angst, daß bei der Vorsorgeuntersuchung etwas Schlimmes entdeckt wird."

Jährlich erkranken 57 000 Menschen an Darmkrebs

Maar ist deshalb äußerst zufrieden, daß die gesetzlichen Krankenkassen mittlerweile für alle Versicherten ab dem 55. Lebensjahr eine Vorsorgekoloskopie bezahlen.

57 000 Menschen erkranken jährlich an Darmkrebs. Er ist nach Lungenkrebs die häufigste Krebserkrankung. Wird die Krankheit rechtzeitig erkannt, sind die Heilungschancen hoch. Ärzte sollten ihre Patienten umfassend über die Möglichkeiten der Darmkrebsprävention aufklären, sagt Maar.

"Unsere Aufklärungsaktionen wären jedoch niemals so erfolgreich gewesen, ohne unser mittlerweile enormes Netzwerk," berichtet Maar anerkennend. Alleine in den 70 000 deutschen Arztpraxen landeten - verteilt durch den Außendienst des Pharmaunternehmens MSD - rund 3,5 Millionen Flyer mit dem Titel "Darmkrebs-Früherkennung rettet Leben". Plakate und über zwei Millionen weitere Flyer wurden in den 21 500 Apotheken im Land ausgelegt. TV-Spots mit über 150 Prominenten - unter ihnen auch Harald Schmidt und Iris Berben - wurden gesendet. Viele Berichte in Publikums- und Fachmedien kamen hinzu.

TV-Spots, Plakate und Flyer werben für Früherkennung

"Immerhin: Ein Umfragevergleich von 2002 und 2003 zeigt, daß sich der Bekanntheitsgrad der Erkrankung je nach Medium in einem Jahr um zehn bis 23 Prozent gesteigert hat", sagt Maar. So hätten zum Beispiel 31 Prozent der Befragten im Jahre 2003 zugegeben, im Fernsehen von der Erkrankung gehört zu haben. Im Jahre 2002 waren es noch ganze acht Prozent gewesen.

Maar ist zuversichtlich: "Wenn man es schafft, ein extrem tabuisiertes Thema wie Darmkrebs vorwärts zu bewegen, dann läßt sich das auch bei anderen Themen wie zum Beispiel Übergewicht und Diabetes erreichen."

Schließlich sei die Tatsache unumstößlich, daß viele chronische Erkrankungen mit einem ungesunden Lebensstil - also mit Faktoren wie Rauchen, Bewegungsmangel und Übergewicht - zusammenhängen würden. Das geplante Präventionsgesetz für Deutschland kommt Maar deshalb gerade recht.

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