PRÄVENTION UND FRÜHERKENNUNG

Aller guten Dinge sind drei - auch in der Vorsorge

Die Prävention des Kolonkarzinoms steckt in einem Dilemma: Obwohl Vorsorge-Untersuchungen lebenswichtig wären, lassen zum Beispiel nur etwa zehn Prozent derjenigen, die auf eine Koloskopie Anspruch hätten, sie tatsächlich machen. Das Bewusstsein für die Prävention zu wecken ist daher dringend nötig - die Kollegen haben dabei eine Schlüsselstellung.

Veröffentlicht:

Einen Beitrag zur Prävention leistet schon, wer wenig Fleisch, aber viel Obst und Gemüse verzehrt, wenig Alkohol trinkt, nicht raucht und schlank bleibt. Besonders wirkungsvoll schützt Bewegung: Sie fördert den Abbau der ständig neu entstehenden Darmkrebszellen. Wenn außerdem alle regelmäßig am Vorsorge-Screening teilnähmen, bliebe einigen Tausenden Menschen in Deutschland dieser Tumor erspart.

Wie oft welche Untersuchung sinnvoll ist, richtet sich danach, ob ein durchschnittliches oder familiär gesteigertes Risiko vorliegt, ob eine Anlage für erblichen Darmkrebs oder eine chronisch entzündliche Darmkrankheit besteht.

Je regelmäßiger der Test, um so höher ist die Erkennungsrate

Für Menschen mit normalem Risiko - wenn in der Familie bisher kein Darmkrebs vorkam - sollte die Vorsorge mit dem 50. Geburtstag beginnen: Von da an bis zum Alter von 54 Jahren wird jährlich ein Guajak-Test auf verstecktes Blut im Stuhl bezahlt. Ab dem 55. Geburtstag kommen die Kassen für eine Koloskopie auf, und noch einmal zehn Jahre später. Wer sie ablehnt, kann als Alternative einen Guajak-Test jährlich wählen. Je häufiger jemand dies Angebot wahrnimmt, um so größer die Chance, Tumoren zu erkennen.

Bei Menschen über 75 findet man bei Koloskopien zwar öfter Polypen als bei 50-Jährigen, ohne dass allerdings Befund plus Therapie die Lebenserwartung beeinflussen (JAMA 295, 2006, 2357). Nach den Worten von Professor Jürgen Riemann aus Ludwigshafen ist das freilich kein Grund, etwa rüstigen 85-Jährigen Vorsorge-Koloskopien zu verweigern. Denn wenn sie an einem Kolonkarzinom erkrankten, so Riemann, durchlitten sie dasselbe wie Jüngere.

Bei einem Drittel der Darmkrebspatienten besteht eine familiäre Häufung mit verdoppeltem Risiko. Wer also nahe Verwandte mit Darmkrebs hat, bei dem sollte die erste Koloskopie früh erfolgen: zehn Jahre vor dem Alter, in dem der Angehörige erkrankt ist, dann alle fünf Jahre.

Etliche Patienten jedoch empfinden den Abstand zwischen den Koloskopien als zu lang. Wer auch zwischendrin Gewissheit haben möchte, dem empfiehlt der Gastroenterologe Professor Andreas Sieg aus Heidelberg Stuhltests als IGeL. Der Guajak-Test (etwa Hämoccult®, hemoCARE, hemo FEC®) ist preisgünstig, hat jedoch bei einmaliger Anwendung nur eine Sensitivität von ungefähr 30 Prozent: Nur bei einem Drittel der Patienten mit Polypen oder Karzinomen werden die Wucherungen entdeckt. Damit die Erkennungsrate steigt, müssten die Patienten jährlich zum Test kommen. Zudem sollten sie vorher auf Fleisch, Brokkoli oder Kirschen verzichten. Auch Vitamin C in Fruchtsaft oder Arzneien können den Test verfälschen.

Daher bieten viele Ärzte immunologische Verfahren an. Sie sind zwar teurer, aber nur alle zwei bis drei Jahre erforderlich, da sie eine Sensitivität von mehr als 70 Prozent besitzen. Zudem brauchen die Patienten vorher nicht bestimmte Lebensmittel aus ihrer Ernährung zu streichen. Infrage kommt etwa der Test auf das tumorspezifische Enzym M2-PK. Wissenschaftler aus Fulda ermittelten für ihn in einer Studie eine Sensitivität von 78 Prozent (ScheBo® Tumor M2-PKTM). M2-PK ist die M2-Variante der Pyruvatkinase, die in Krebsgewebe vorkommt und dort die Vergärung von Zucker zu Milchsäure beschleunigt. Erhältlich sind außerdem Antikörper-Tests auf Hämoglobin (etwa PreventID® CC) oder auf Hämoglobin plus Haptoglobin. In dem Komplex ist der Blutfarbstoff bei der Darmpassage gut vor Abbau geschützt. Beides gibt es kombiniert (etwa PreventID® Hämo/HaptOccult).

5-ASA-Präparate schützen Colitis-Patienten vor Darmkrebs

Bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen ist das Karzinomrisiko ebenfalls erhöht - bei ausgedehnter Colitis ulcerosa (CU) etwa 15-fach. Schützen können Sulfasalazin in einer Dosis über 2 g täglich und Mesalamin über 1,2 g (Rev Gastroenterol Disord. 6, 2006, 97). Bei CU und sklerosierender Cholangitis gleichzeitig ist eine gezielte Chemoprophylaxe möglich. Mit Ursodesoxycholsäure (UDCA, etwa Ursofalk®) lässt sich das Risiko - nach 25 Jahren ist die Hälfte der Patienten an Darmkrebs erkrankt - um das Achtfache senken. Spezialisten empfehlen täglich wenigstens 20 mg UDCA pro kg Gewicht. (ars)

Lesen Sie dazu auch:

Mehr zum Thema

Darmkrebs-Mortalität sinkt

Test auf okkultes Blut im Stuhl rettet Leben

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
„Wenn die Politik Wissenschaftlern sagen würde, wir wollen dieses oder jenes Ergebnis, ist das Propaganda.“ Klaus Überla – hier im Treppenhaus seines Instituts – über Einmischungen aus der Politik.

© Patty Varasano für die Ärzte Zeitung

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

Neue Hoffnung für Patienten mit Glioblastom: In zwei Pilotstudien mit zwei unterschiedlichen CAR-T-Zelltherapien blieb die Erkrankung bei einigen Patienten über mehrere Monate hinweg stabil. (Symbolbild)

© Richman Photo / stock.adobe.com

Stabile Erkrankung über sechs Monate

Erste Erfolge mit CAR-T-Zelltherapien gegen Glioblastom