Stammzelltransplantation

Bestimmt die Darmflora bei Leukämie den Therapieerfolg?

Anhand bestimmter Bakterien in der Darmflora lässt sich möglicherweise der Erfolg einer Transplantation vonStammzellen beurteilen. US-Onkologen vermuten ein künftiges therapeutisches Potenzial hinter der Methode.

Peter LeinerVon Peter Leiner Veröffentlicht:
Blutkontrolle bei einem Patienten mit Leukämie: Eine ganze Reihe von Faktoren beeinflusst die Entwicklung von Rezidiven bei Patienten, die wegen hämatologischer Neoplasien autologe Stammzelltransplantate erhalten.

Blutkontrolle bei einem Patienten mit Leukämie: Eine ganze Reihe von Faktoren beeinflusst die Entwicklung von Rezidiven bei Patienten, die wegen hämatologischer Neoplasien autologe Stammzelltransplantate erhalten.

© Anna Schroll/ UKJ

NEW YORK. Eine ganze Reihe von Faktoren steht im Zusammenhang mit der Entwicklung von Rezidiven bei Patienten, die wegen hämatologischer Neoplasien autologe Stammzelltransplantate erhalten. Außer der genetischen Prädisposition sind es etwa die Graft-versus-Host-Krankheit (GvHD) und deren Prophylaxe.

Nach Angaben von Dr. Jonathan U. Peled vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York und seinen Kollegen eignen sich diese Parameter nur zum Teil für eine Erklärung der Rezidiventstehung. Ob Rezeptoren, mit denen das Immunsystem Bakterien erkennen kann, das Risiko für ein Rezidiv nach einer allogenen Stammzelltransplantation beeinflussen, ist bisher unklar.

Analyse von Stuhlproben

Peleds Forschungsschwerpunkt ist schon seit Jahren der Zusammenhang zwischen Knochenmarktransplantation und mukosalem Immunsystem im Darm. Mit seinen Kollegen analysierte er nun Stuhlproben von mehr als 500 Patienten und dokumentierte die Zusammensetzung der Darmflora (JCO 2017; 35(15): 1650-1659). Denn schon länger ist bekannt, dass Antigene solcher Keime die systemische Immunantwort modulieren können.

Die Analyse der Bakterienzusammensetzung erfolgte über die Sequenzierung der 16S-rRNA der Keime, ein etabliertes Verfahren mit Fokus auf diesen Bestandteil der Ribosomen. Damit lassen sich Aussagen über die Art der Bakterien und deren Häufigkeit in der untersuchten Probe machen. Primärer Endpunkt der Studie war die Zeit bis zum Rezidiv oder zum Fortschreiten der hämatoonkologischen Grunderkrankung.

Die meisten Studienteilnehmer hatten eine akute myeloische Leukämie (36 Prozent), eines der myelodysplastischen Syndrome (15,7 Prozent) oder ein Non-Hodgkin-Lymphom (12,6 Prozent). Jeder zweite Patient erhielt ein allogenes Transplantat, aus dem zuvor die T-Zellen entfernt worden waren.

Knapp 32 Prozent wurden mit unveränderten Stammzelltransplantaten mit Zellen aus dem peripheren Blut oder aus dem Knochenmark behandelt und mehr als 17 Prozent mit hämatopoetischen Stammzellen aus dem Nabelschnurblut.

Pro Patient stand für die Analysen mindestens eine Stuhlprobe zur Verfügung, gewonnen innerhalb von drei Wochen nach der Stammzelltransplantation. Insgesamt etwa 2300 Stuhlproben wurden analysiert. Während des Follow-up von zwei Jahren kam es bei jedem vierten Patienten zu einem Rezidiv oder zum Fortschreiten der Krebserkrankung.

Risiko je nach Bakterienmenge

Wie die Wissenschaftler berichten, war das Risiko für ein Rezidiv oder die Krankheitsprogression am geringsten, wenn die Stuhlproben große Mengen Bakterien der Art Eubacterium limosum enthielten. Mit jedem Anstieg der Bakterienzahl um das Zehnfache sank den Berechnungen zufolge die Wahrscheinlichkeit für ein Rezidiv oder eine Krankheitsprogression um 18 Prozent (Hazard Ratio [HR]: 0,82; 95%-Konfidenzintervall zwischen 0,71 und 0,95; p = 0,009).

Darüber hinaus hatten Studienteilnehmer, die den Keim in sich trugen, ein um 48 Prozent verringertes Risiko (HR: 0,52; 95%-Konfidenzintervall zwischen 0,31 und 0,87; p = 0,01), verglichen mit Teilnehmern, bei denen sich das Bakterium nicht nachweisen ließ.

Schließlich war die kumulative Zwei-Jahres-Inzidenz für Rezidive bzw. Krankheitsprogression mit 19,8 Prozent bei Patienten mit Nachweis dieses Keimes signifikant niedriger als bei Patienten ohne solche Bakterien (33,8 Prozent). Peled und seine Kollegen weisen darauf hin, dass dieser Zusammenhang am stärksten bei Patienten mit T-Zell-freien Spendertransplantaten gewesen sei.

Da es sich um eine retrospektive Studie handele und die Studienteilnehmer in derselben Klinik betreut worden seien, müsse das Studienergebnis in weiteren Untersuchungen überprüft werden. Wenn genau bekannt sei, wie die Darmflora mit dem Immunsystem interagiert, ließen sich möglicherweise darauf basierende Strategien entwickeln, die den Erfolg der Stammzelltransplantation verbessern.

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