Kampf gegen Brustkrebs ist im Norden vorbildlich

KIEL. Im Norden sind sich fast alle einig: Im Kampf gegen den Brustkrebs hat Schleswig-Holstein mittlerweile eine Vorbildfunktion. Auf einer Fachtagung des VdAK wurden dennoch Defizite aufgezeigt.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:

"Wir können stolz sein auf das, was wir erreicht haben", sagte Professor Walter Jonat. Der Zuschauer der Fachtagung und Direktor der Kieler Uniklinik für Gynäkologie sieht den Norden europaweit als Vorbild, weil die Brustkrebsbekämpfung in Schleswig-Holstein auf vier Säulen ruht: Vorsorge, das Projekt Qualitätsgesicherte Mammadiagnostik (QuaMaDi), Screening und DMP.

Und auch zwischen Landespolitik, Ärzten, Krankenkassen und Wissenschaftlern auf dem Podium herrschte zumindest in diesem Punkt ungewöhnliche Einigkeit. Schleswig-Holstein, das die Brustkrebsbekämpfung zu einem seiner fünf Leitprojekte in der Gesundheitsinitiative ernannt hat, muß keinen Vergleich scheuen.

Erste Erfolge stellen sich bereits ein: In Schleswig-Holstein wird Brustkrebs inzwischen jährlich bei rund 2200 Frauen entdeckt - nicht, weil im Norden mehr Frauen erkranken, sondern weil man über QuaMaDi genauer hinschaut und die Neuerkrankung oft in einem früheren Stadium feststellt.

Trotz solcher Fortschritte haben die Beteiligten aber keine Zeit, sich beruhigt zurückzulehnen. Zum einen, weil sich die Beteiligten oft nur mühsam einigen können. Langwierige DMP-Verhandlungen und die mit vielen Rückschlägen verbundene Überzeugungsarbeit für QuaMaDi haben Spuren hinterlassen. Die Ärzte verweisen noch immer gerne auf die "gerade eben kostendeckende Arbeit", Kassenvertreter mokieren sich über "dokumentationsresistente Ärzte" und Politiker stöhnen über die Uneinsichtigkeit auf beiden Seiten. Doch neben solchen Befindlichkeiten wurden in Kiel echte Probleme benannt:

  • Psychoonkologische Betreuung: Projekte in der psychosozialen Nachsorge, früher vom Land gefördert, können wegen fehlender Mittel nicht weiterarbeiten. Krankenkassen und Land hoffen jeweils, daß die andere Seite sich beteiligt. Gesundheitsministerin Dr. Gitta Trauernicht und VdAK-Chef Dietmar Katzer bemühten sich zwar, eine Kostendiskussion abzuwehren - doch genau um diese Frage dreht es sich. Für eine flächendeckende psychoonkologische Nachsorge fehlen derzeit die Mittel.
  • Vernetzung der Bausteine: Von DMP bis QuaMaDi erwarten die Beteiligten Fortschritte, die sich im Laufe der Zeit einstellen werden. Doch es wird schwer, die Fortschritte den einzelnen Bausteinen zuzuordnen. Dr. Alexander Katalinic, Direktor des Instituts für Krebsepidemiologie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, forderte deshalb ein gemeinsames Dach für die verschiedenen Säulen. Um den Nutzen für die Patienten zu optimieren, müsse im Einzelfall eine Datenzusammenführung - im Einklang mit dem Datenschutz - möglich sein. Als Vorbild dient Skandinavien, wo ein solches Dach für die verschiedenen Säulen besteht.
  • Überzeugungsarbeit bei den Frauen: Die Angebote stehen, aber werden sie auch genutzt? Im DMP etwa sind bislang erst 1500 Frauen eingeschrieben. Die Beteiligung an QuaMaDi ist zwar gut, aber die Frauen lassen sich häufig noch zu viel Zeit zwischen der Erst- und Zweitbefundung. Und viele Frauen scheuen sich noch immer, die Angebote in Anspruch zu nehmen. Auf das Anschreiben für das Screening will man im Norden nun besonders viel Wert legen, um möglichst viele Frauen zu überzeugen. "Die beste Überzeugungsarbeit" , so Jonat, "leisten noch immer erstklassige Ergebnisse."
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