Gentest verfeinert Diagnostik bei Brustkrebs
BERLIN (gvg). Mit einem genetischen Tumorabdruck kann die Prognose von Frauen mit Brustkrebs mittlerweile sehr präzise geschätzt werden. Dadurch dürfte die Indikationsstellung für eine adjuvante Therapie präziser werden.
"Dank Früherkennung und wachsender Sensibilisierung der Bevölkerung diagnostizieren wir immer häufiger kleine Mammakarzinome und finden immer häufiger Tumoren ohne Lymphknotenbefall", sagte der Pathologe Professor Gerhard Seitz aus Bamberg beim Krebskongress. An sich ist das eine erfreuliche Entwicklung. Sie bedeutet aber auch, dass die Frage, ob nach der Op eine adjuvante Chemotherapie überhaupt notwendig ist, immer häufiger gestellt wird.
Bisher werden für die Prognoseabschätzung Faktoren wie Tumorgröße, Hormonrezeptorstatus, Alter und Stadieneinteilung genutzt. Das reicht aber nicht: "Es bleibt immer ein erheblicher Anteil von Patientinnen, die wir nicht eindeutig einer Hoch- oder Niedrigrisikogruppe zuordnen können", so Seitz.
Durch genetische Tumoranalysen soll sich das nun ändern. So erlaubt der MammaPrint-Array anhand des Aktivitätsmusters von 70 Genen eine sehr viel präzisere Abschätzung des Rezidivrisikos als klassische Risikoscores. Das Werkzeug wurde im Februar 2007 von der US-Behörde FDA zugelassen und wird jetzt auch in Deutschland angeboten. Technisch ist es einfach: Frisches Tumorgewebe wird in einer Transportlösung an das Referenzlabor des Herstellers Agendia in Amsterdam geschickt. Dort wird innerhalb von fünf bis zehn Tagen der genetische Tumorabdruck erstellt, der es mit hoher Trennschärfe erlaubt, Patientinnen mit hohem von jenen mit niedrigem Rezidivrisiko abzugrenzen. Mit tiefgekühltem Gewebe funktioniert es auch.
In einer retrospektiven Studie wurden 114 Frauen je nach Test in die Gruppe mit guter und 180 in die Gruppe mit schlechter Prognose eingeteilt. Bei 14 Frauen mit guter Prognose kam es innerhalb von zehn Jahren zu Metastasen. In der Gruppe mit schlechter Prognose waren es 74 (NEJM 347, 2002, 1999). "Daraus errechnet sich ein relatives Rezidivrisiko von 4,6 für Frauen mit ungünstigem Genprofil", sagte Privatdozent Georg Kunz aus Dortmund auf der von Agendia unterstützten Veranstaltung. Der Gentest tauge zur Identifikation von Risikopatientinnen besser als Tumorgröße oder Lymphknotenmetastasen, so Kunz. Damit bliebe etwa jeder fünften Patientin eine adjuvante Therapie erspart.
Umgekehrt gibt es aber auch Frauen mit klinisch günstiger Prognose, die durch den Gentest in die Hochrisikogruppe rutschen. Eine demnächst auch in Deutschland startende Studie soll nach Angaben von Kunz klären, wie klassische Risikofaktoren und Gentest zusammen genutzt werden können. Die Krankenkassen bezahlen den 2000 bis 2500 Euro teuren Test bisher noch nicht.
Weitere Berichte vom Deutschen Krebskongress finden Sie hier »