Prostata

Seltener Krebs nach Beschneidung

Eine Beschneidung verringert offenbar für Männer die Gefahr, an Prostatakrebs zu erkranken. Das zeigt eine kanadische Studie.

Peter LeinerVon Peter Leiner Veröffentlicht:
Zirkumzision ist der vermutlich häufigste Eingriff weltweit.

Zirkumzision ist der vermutlich häufigste Eingriff weltweit.

© Kay Nietfeld / dpa

LAVAL. Bereits Mitte der 1960er-Jahre kam die Vermutung auf, dass die Beschneidung vor Prostata-Ca schützen könnte, weil diese Tumorart unter jüdischen Männern extrem selten ist. Die Ergebnisse bisheriger, meist kleiner Studien sind allerdings nicht einheitlich.

Einen neuen Anlauf machten jetzt die kanadischen Gesundheitsforscher um Professor Marie-Élise Parent von der Universität von Quebéc in Laval mit der bevölkerungsgestützten Fall-Kontroll-Studie PROtEus (Prostate Cancer and Environment Study) (BJU Int 2014, online 24. März).

Der Anteil an Muslimen und Juden an der Studie, bei denen die Beschneidung vor allem aus religiösen Gründen vorgenommen wird, betrug etwa neun Prozent.

Die Wissenschaftler vom INRS-Institut Armand-Frappier prüften den Zusammenhang zwischen Beschneidung und Prostata-Ca-Risiko durch Befragung von knapp 1600 Männern mit histologisch bestätigtem Karzinom und etwa gleich vielen Männern, bei denen bis zum Zeitpunkt der Befragung kein Prostata-Ca diagnostiziert worden war.

Die Forscher berücksichtigten mehrere Parameter, unter anderem die ethnische Zugehörigkeit, Lebensstilfaktoren, Prostata-Ca-Screening sowie arbeitsmedizinische Aspekte und das Alter bei der Beschneidung.

Stärkster Effekt bei schwarzen Männern

Die Studienteilnehmer waren zwischen 40 und 79 Jahre alt. 592 Männer (38 Prozent) mit Prostatakrebs gaben an, beschnitten zu sein, in der Kontrollgruppe waren es 637 Männer (40,2 Prozent). Dieser Unterschied entspricht einem leicht verringerten Krebsrisiko in der Gruppe der Männer mit Zirkumzision, ist aber nicht signifikant.

Einen schützenden Effekt hat der Eingriff nach Ansicht der Forscher möglicherweise, wenn er nach dem 36. Lebensjahr vorgenommen wird. Das war bei 20 Männern mit Krebs (1,3 Prozent) und 40 Männern ohne Krebs (2,6 Prozent) der Fall.

Statistisch betrachtet den stärksten Effekt hat die Beschneidung offenbar bei Schwarzen, wie Parent und ihre Kollegen hervorheben. 103 Teilnehmer dieser Gruppe waren an Prostatakrebs erkrankt, 75 Teilnehmer nicht.

In dieser ethnisch definierten Gruppe mit Zirkumzision hatten weniger Teilnehmer ein Prostatakarzinom (22 versus 31 Prozent bzw. 41,5 versus 58,5 Prozent). Und von jenen, die nicht beschnitten waren, hatten deutlich mehr die Krebserkrankung (81 versus 44 Prozent bzw. 64,8 versus 35,2 Prozent).

Verhornung könnte Rolle spielen

Bei der Berechnung sind mehrere Parameter berücksichtigt worden, zum Beispiel Geschlechtskrankheiten, Prostata-Ca-Screening innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Befragung und Bildungsniveau.

Da jeweils der Anteil der Schwarzen sowie derjenigen älter als 36 Jahre in der Studie allerdings recht gering war, müssen die Ergebnisse in größeren Studien überprüft werden.

Eine mögliche Erklärung, warum eine Beschneidung das Risiko für die Entstehung eines Prostatakarzinoms verringern könnte, ist, dass es durch die Entfernung der Vorhaut zu einer Verhornung an der Stelle des Eingriffs kommt.

Dadurch wird das Eindringen von Keimen erschwert, die die Entstehung des Tumors fördern. Außerdem fehlt nach der Zirkumzision das für die Pathogene überlebensnotwendige feuchte Mikromilieu.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Keine Krebsprävention!

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