HINTERGRUND

Die virtuelle Koloskopie bleibt eine Option für die Zukunft, denn für den Praxisalltag ist sie noch zu ungenau

Von Gabriele Wagner Veröffentlicht:

Zur Zeit ist die virtuelle Koloskopie mit Computer-Tomographie (Computed Tomografic Colonography, CTC) nicht geeignet, um in der täglichen Routine Polypen und Tumoren im Darm aufzuspüren. Das Verfahren wird etwa bei Patienten mit abdominellen Schmerzen, Stuhlunregelmäßigkeiten oder okkultem Blut als eine Alternative zur konventionellen Koloskopie angewandt. Die Sensitivität der CTC für klinisch relevante Läsionen ab 6 mm ist aber immer noch zu gering.

Darauf weisen Dr. Peter B. Cotton von der Universität in Charleston in den USA und seine Kollegen hin (JAMA 291, 2004, 1713). Sie hatten in einer Multicenter-Studie 600 Patienten erst mit CT und im Anschluß mit konventioneller Koloskopie untersucht. Primärer Endpunkt war, wie sicher Patienten mit Läsionen ab 6 mm durch virtuelle und konventionelle Koloskopie identifiziert werden. Sekundäre Endpunkte waren unter anderen die Rate, mit der Läsionen wie Polypen jedweder Größe identifiziert wurden, Lerneffekte bei der Interpretation der virtuellen Methode sowie Präferenzen der Patienten für die Untersuchungen.

Die Patienten hatten zur Vorbereitung 24 Stunden vor den Untersuchungen nur klare Flüssigkeiten trinken dürfen. Zusätzlich nahmen sie am Tag vor sowie am Tag der Untersuchungen jeweils 45 ml eines Abführmittels ein.

Zunächst erhielt jeder der Patienten eine CTC ohne Kontrastmittel, aber nach Luftfüllung über ein Darmrohr. Die Radiologen werteten fünf definiert Kolonabschnitte getrennt aus: Rektum und Sigma, absteigendes Kolon einschließlich der linken Flexur, Colon transversum einschließlich der rechten Flexur, aufsteigendes Kolon und Zökum. Dabei wurden die zweidimensionalen Bilder befundet, von einigen Abschnitten wurden auch dreidimensionale Bilder errechnet.

Die Befunde jedes Patienten wurden in Kuverts gelegt und diese verschlossen. Nicht jede der Kliniken konnte zwischen CTC und konventioneller Koloskopie eine komplette 3D-Rekonstruktion machen. Deshalb wurden diese Rekonstruktionen zum Teil erst später vorgenommen und ausgewertet.

Zwei Stunden nach CTC wurden die Patienten mit konventioneller Koloskopie untersucht. Dabei erhielten sie eine leichte Sedierung. Auch die Gastroenterologen bewerteten jeden Kolonabschnitt getrennt. War ein Abschnitt, beim Zökum beginnend, bewertet, wurde das entsprechende Kuvert der CTC geöffnet. So konnte bei diskrepanten Befunden der jeweilige Darmabschnitt sofort noch einmal inspiziert werden.

Ergebnis: 104 Patienten hatten mindestens eine Läsion ab 6 mm. Mit CTC wurden 41 dieser Personen (Sensitivität 39 Prozent) identifiziert, mit konventioneller Koloskopie 103 (Sensitivität 99 Prozent).

Insgesamt 827 Läsionen wurden gefunden; jeder zweite Patient war betroffen. 173 (21 Prozent) dieser Läsionen war 6 mm oder größer, Befunde dieser Größe gelten als klinisch relevant. Mit CTC wurden 55 gefunden (Sensitivität 32 Prozent); mit konventioneller Koloskopie waren es 170 (Sensitivität 98 Prozent). Bei Läsionen ab 10 mm betrug die Sensitivität 52 versus 96 Prozent. In der CTC wurden zwei Karzinome übersehen: ein 17 mm großes Rektum- sowie ein sieben mm großes Ascendens-Karzinom. Die Sensitivität der später ausgewerteten 3D-CTC war nur wenig besser: Sie betrug 36 Prozent für Läsionen ab sechs mm und 56 Prozent für Läsionen ab zehn mm.

Befragt, welche Untersuchung sie präferierten, gaben 46 Prozent die CTC an, 41 Prozent die konventionelle Koloskopie. 13 Prozent gaben keiner Untersuchung den Vorzug. Was den Kollegen auch auffiel: Es gab keine feststellbar Lernkurve bei den Radiologen innerhalb der 18 Monate, in der die Studie lief.



FAZIT

Im Vergleich zu früher veröffentlichten, fast ausschließlich an Zentren von Experten gemachten Studien, ergab diese Multicenterstudie deutlich schlechtere Ergebnisse für die Sensititvität der CTC für Läsionen ab sechs mm. Die Ärzte schließen daraus, daß unter alltäglichen Bedingungen, bei denen es nicht möglich ist, alle Patienten von CTC-Spezialisten untersuchen zu lassen, derzeit die CTC keine sichere Methode ist, um bei Patienten Polypen oder Karzinome auszuschließen. Die Wissenschaftler weisen aber auch darauf hin, daß die CTC eine Option für die Zukunft ist. Denn mit immer dünneren Schichten, besserer Software, spezifischeren Kontrastmitteln und auch mehr Erfahrung der Untersucher könne die Sensitivität erhöht werden.

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