Fett schadet der Leber mehr als Alkohol: Viele Adipöse brauchen künftig Spender-Organe

Leberverfettung mit Hepatitis dürfte in den USA schon bald der häufigste Grund für eine Lebertransplantation sein. Denn: Fast alle Typ-2-Diabetiker haben eine Steatose, und bei jedem fünften entsteht eine Zirrhose daraus.

Von Beate Grübler Veröffentlicht:
Typisches sonografisches Bild einer massiven Fettleber. Das Gewebe ist wesentlich echoreicher als das Nierenparenchym.

Typisches sonografisches Bild einer massiven Fettleber. Das Gewebe ist wesentlich echoreicher als das Nierenparenchym.

© Foto: Dr. Klaus Dirks, Bayreuth

Wenn die Zahl der Adipösen in den USA weiter so rasant steigt wie bisher, ist im Jahr 2020 die nicht-alkoholische Fettleberhepatitis (NASH) mit den Folgeschäden Zirrhose und Leberkrebs die Hauptindikation für die Lebertransplantation. Die Fettleber ist die hepatische Manifestation des metabolischen Syndroms, das bekanntlich durch Übergewicht angestoßen wird. Wie Privatdozent Kinan Rifai von der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) berichtete, haben bis zu 80 Prozent der stark Übergewichtigen und nahezu alle Diabetiker eine Fettleber, wobei traditionell zwischen der (vermeintlich häufigeren) alkoholischen Fettleber und der nicht-alkoholischen Fettleber unterschieden wird.

Dass Übergewicht der Leber noch mehr schadet als Alkohol, ging bereits aus der Dionysos-Studie hervor und erklärt, weshalb die nicht-alkoholische Steatohepatitis (NASH) über kurz oder lang zum Problem Nummer eins in hepatologisch orientierten Praxen werden dürfte. Diagnostisch ist der Fettleber relativ schwer beizukommen, weil sich zunächst nur die Leberwerte ändern. "Dabei hilft die Labordiagnostik zur Abgrenzung zwischen einfacher Fettleber und NASH nicht weiter", so Rifai bei einer von der Falk Foundation organisierten Fortbildungsveranstaltung in Hannover. Da 30 Prozent der NASH-Patienten langfristig eine Leberfibrose entwickeln, sollten sie mit Leberbiopsien frühzeitig erkannt werden. "Eine Biopsie ist besonders nötig, wenn außer den erhöhten Transaminasen noch weitere NASH-Risiken wie starkes Übergewicht oder Typ-2-Diabetes bestehen".

NASH-Patienten sind meist auch gefäßkrank

Fettleber und besonders NASH heizen das metabolische Syndrom an und sind unabhängige Prädiktoren für Herz- und Gefäßkomplikationen. "NASH-Patienten haben ein erhöhtes Risiko für Atherosklerose und brauchen eine besonders gute Stoffwechseleinstellung", sagte Dr. Andrea Schneider von der MHH. Patienten mit metabolischem Syndrom und Leberschaden haben fünfmal so oft eine KHK wie schlanke, lebergesunde Menschen. Im Prinzip brauchen NASH-Patienten deshalb eine kardiologische Zusatzdiagnostik, sofern sie nicht umgekehrt vom Kardiologen zum Leberspezialisten kommen. Um die metabolisch verursachten Probleme anzugehen, müssen Patienten vor allem ihr Gewicht reduzieren. Hilfreich ist eine leberfreundliche Diät mit vielen Omega-3-Fettsäuren und nur wenigen komplexen Kohlenhydraten. Die in Obst und Fruchtsäften enthaltene Fruktose steigert die Fettakkumulation in der Leber und triggert die Entzündung, daher ist hier Vorsicht geboten. Wer mit Diätauflagen nicht klarkommt, sollte bei deutlicher Adipositas und Leberverfettung eine bariatrische Operation in Erwägung ziehen, so die Gastroenterologin. In einer Studie hatten 36 Patienten mithilfe eines Magenbandes ihren BMI von 47 auf 34 reduziert, dadurch sank die NASH-Rate von 64 auf 11 Prozent und die Fibrose-Rate von 30 auf 5 Prozent. Nach Adipositas-OP muss sich allerdings die Insulinresistenz im ersten Jahr deutlich bessern, um die Leber nachhaltig zu entlasten.

Gewichtsreduktion bessert Prognose bei Virushepatitis

Auch Virushepatitiden gehören in gewisser Weise zu den metabolischen Lebererkrankungen, denn sie können eine ausgeprägte Insulinresistenz hervorrufen. Hepatitis C korreliert eng mit Typ-2-Diabetes, der in diesem Fall nicht auf dem Boden eines metabolischen Syndroms entsteht. "Insulinresistenz bei Hepatitis C beschleunigt die Fibrosebildung und verschlechtert das Ansprechen auf eine antivirale Therapie", sagte Dr. Elmar Jäckel von der MHH. Umgekehrt scheint eine erfolgreiche Behandlung der Insulinresistenz auch die Hepatitis-Therapie zu unterstützen. So kann der Response (SVR; sustained virologic response) auf eine Kombinationstherapie mit PEG-Interferon-alfa-2a und Ribaverin gesteigert werden, wenn die Patienten binnen drei Monaten ein Zehntel ihres Gewichtes verlieren.

In ähnlicher Weise steigert eine antidiabetische Therapie mit Pioglitazon die nach 48 Wochen gemessene SVR-Rate um etwa 30 Prozent. Des Weiteren wurde in einer Studie die Interferon-Ribaverin-Therapie zusammen mit Metformin oder Placebo geprüft. Auch hier fiel das Ergebnis gemessen an der SVR-Rate zugunsten der antidiabetischen Zusatztherapie aus, und zwar besonders bei Frauen. Auch die Insulinresistenz besserte sich mit Metformin deutlich, sagte Jäckel.

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