SEER-Datenbank

Prognose bei Dünndarm-GIST ähnlich wie bei Magen-GIST

Die Gesamt- und tumorspezifische Überlebenszeit ist bei gastrointestinalen Stromatumoren (GIST) im Dünndarm offenbar nicht schlechter als bei solchen im Magen. Demnach wäre bei Patienten mit einem Dünndarm-GIST auch keine intensivere adjuvante Therapie notwendig.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Bei gastrointestinalen Stromatumoren (GIST) im Dünndarm ging man bislang von einer schlechteren Prognose aus als bei gastrischen GIST.

Bei gastrointestinalen Stromatumoren (GIST) im Dünndarm ging man bislang von einer schlechteren Prognose aus als bei gastrischen GIST.

© Springer Medizin Verlag GmbH

ST. GALLEN. Bei gastrointestinalen Stromatumoren (GIST) im Dünndarm gehen Experten bislang von einer schlechteren Prognose aus als bei gastrischen GIST. So wird bei Dünndarm-GIST nach der häufig verwendeten Klassifikation des US-amerikanischen Armed Forces Institute of Pathology (AFIP) ein höheres Risiko für Metastasen und tumorbezogene Todesfälle attestiert, berichten Onkologen um Dr. Ulrich Guller vom Kantonsspital in St. Gallen in der Schweiz. Sie kommen nach einer aktuellen Auswertung der SEER-Datenbank mit Angaben zu rund 28 Prozent aller Krebspatienten in den USA jedoch zu einem ganz anderen Schluss: Danach sind die Überlebenschancen für Patienten mit Dünndarm-GIST nicht schlechter als für solche mit Stromatumoren im Magen (Gastric Cancer 2017; 20: 49–60).

Aktuelle Daten von 5100 Patienten

Die Schweizer Onkologen konnten Angaben zu 5100 Patienten auswerten, die zwischen 1998 und 2011 an einem GIST erkrankt waren. Bei 59 Prozent lag der Tumor im Magen, bei 6 Prozent im Duodenum und bei 25 Prozent im Jejunum oder Ileum. Jeweils 3 Prozent hatten einen GIST im Kolon, Rektum sowie extraintestinal.

Nach einer medianen Nachbeobachtungsdauer von 37 Monaten lebten noch 69 Prozent der Betroffenen, 21 Prozent waren am GIST gestorben, die übrigen 10 Prozent an anderen Ursachen.

Hochgerechnet lebten nach drei Jahren im Mittel noch 77 Prozent der Patienten mit Magen-GIST, 83 Prozent derer mit Tumoren im Duodenum sowie 80 Prozent mit einem GIST im Ileum oder Jejunum. Auch bei einem Rektumbefund war der Anteil mit 86 Prozent ähnlich hoch, bei einem Kolontumor betrug er jedoch nur 63 Prozent und bei Peritonealtumoren 55 Prozent. Die krebsspezifischen Überlebensrate lag jeweils 6 bis 9 Prozentpunkte höher.

3- und 5-Jahres-Überlebensraten

In einer multivariaten Analyse, bei der die Ärzte um Guller Alter, Tumorgröße, Tumorstadium und andere verfügbare Variablen berücksichtigten, ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen Magen-GIST und Dünndarm-GIST bei den Drei- und Fünf-Jahres-Überlebensraten – die Sterberaten bei Dünndarm-GIST waren tendenziell um 1 bis 5 Prozent geringer. Umgekehrt starben Patienten mit Dickdarm- und Peritoneal-GIST rund 40 Prozent häufiger insgesamt sowie jeweils 89 Prozent und 43 Prozent häufiger an ihrem Tumor als solche mit einem Magenbefund.

Wie erwartet, sanken die Überlebenschancen bei höherem Alter, Metastasen und größeren Tumoren, wohingegen Patienten mit Primärexzision, Frauen und solche, die zum Ende des Untersuchungszeitraums behandelt wurden, länger lebten.

Patienten übertherapiert?

In einer Propensity-Score-Analyse versuchten die Schweizer Onkologen nun jedem Patienten mit einem Magen-GIST einen Patienten mit einer anderen Tumorlokalisation zuzuordnen, wobei sie darauf achteten, dass Alter, Geschlecht und Tumorcharakteristika übereinstimmten. Dies änderte jedoch nur wenig an den Resultaten.

"Das Dogma, wonach Patienten mit einem intestinalen GIST eine schlechtere Prognose haben als solche mit Magen-GIST sollte überarbeitet werden", schreiben Guller und Mitarbeiter. Zumindest für Dünndarm- und Rektal-GIST treffe dies nicht zu. Entsprechend sollte auch die Verwendung von Imatinib bei der adjuvanten Behandlung von Patienten mit intestinalen gastrointestinalen Stromatumoren überdacht werden.

Daten von 1970 bis 1996 überholt?

Woher die Unterschiede zu den Prognosen des Armed Forces Institute of Pathology stammen, lasse sich kaum erklären. Allerdings beruhten die AFIP-Angaben im Wesentlichen auf einer Auswertung von lediglich 2000 GIST-Patienten aus den Jahren 1970 bis 1996. Sie sind daher möglicherweise überholt.

Dass eine intensivere Behandlung der intestinalen Tumoren letztlich der Grund für eine ähnlich gute Prognose ist, konnten Guller und sein Team weitgehend ausschließen, indem die Forscher zwischen einer Therapie vor 2005 und danach unterschieden. Vor 2005 war die adjuvante Therapie mit Imatinib bei GIST eher unüblich, trotzdem ließen sich keine signifikanten Unterschiede bei der Überlebensrate von Magen-, Dünndarm- und Rektum-GIST feststellen.

Die Abkürzung SEER steht für : Surveillance,

Epidemiology, and End Results

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