Sedierung bei Endoskopie

Risikofaktor Anästhesist?

Bei der Endoskopie von Niedrig-Risiko-Patienten wird die Sicherheit der Sedierung offenbar nicht durch Anästhesie-Fachpersonal verbessert.

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WIESBADEN. In der Leitlinie wird dringend empfohlen, dass bei Einsatz von Sedativa in der Endoskopie eine anästhesiologische Fachkraft im Raum sein sollte. Doch neue Studien haben ergeben, dass dies zumindest bei Niedrig-Risiko-Patienten nicht unbedingt vorteilhaft ist.

"Keine Frage, die Sicherheit der Sedierung bei Endoskopien ist insgesamt sehr hoch", so Professor Andrea May aus Offenbach bei der Fortbildungsveranstaltung Gastro Update. Dies habe man nochmals in der ProSed2-Studie dokumentieren können.

Dabei wurden die Daten von über 360.000 gastrointestinalen Endoskopien bezüglich Komplikationsrisiken untersucht. Die Subgruppe der Niedrig-Risiko-Patienten mit einer Gastroskopie (60 Prozent) und Koloskopie (40 Prozent) umfasste 180.000 Patienten. Etwa zwei Drittel von ihnen erhielten eine Propofol-Monosedierung, in 75 Prozent mit einer maximalen Dosis bis 200 mg.

Kein Nachteil bei 2-Personen-Sedierung

Über die Hälfte der Sedierungen wurde durch das Endoskopiepersonal – Arzt oder Pflegekraft – verabreicht, in 45 Prozent war eine dritte Person dafür zuständig. "Dabei zeigte sich kein Nachteil für den Patienten bei der 2-Personen-Sedierung im Vergleich zum 3-Personen-Management", so May. Insgesamt gab es keine Major-Komplikationen bzw. Todesfälle.

Die Rate der Minor-Komplikationen lag bei 0,2 Prozent. Am häufigsten war die passagere Atemdepression gefolgt von Bradykardie, Hypotonie und paradoxer Reaktion. Risikofaktoren waren eine ASA-Klasse 2 und Kombinationen von Sedativa insbesondere die Kombination von Midazolam plus Opiat. "Die Daten sprechen dafür, dass man bei Niedrig-Risiko-Patienten mit Niedrig-Risiko-Eingriffen auf die dritte Person verzichten kann", so May.

Höhere Dosis bei Anästhesist

In einer retrospektiven Kohortenstudie wurde bei 1,4 Millionen Endoskopie-Patienten die von einem Anästhesisten durchgeführte Propofol-Dosierung mir der vom Endoskopie-Team verabreichten verglichen. Dabei wurden schwerwiegende Komplikationen wie kardiopulmonale Reanimation, Krankenhausaufnahme, Abbruch der Untersuchung wegen einer Komplikation, Notwendigkeit einer Bluttransfusion bzw. einer Notfall-Operation erfasst.

Die Mehrzahl der Patienten gehörte den ASA-Klassen 1 und 2 an. Während der Anästhesist Propofol bevorzugte, verwendete das Endoskopie-Personal vorrangig die Kombination Midazolam plus Opiat. Die Gesamtrate der Komplikationen betrug 0,2 Prozent bei Koloskopien und 0,3-0,4 Prozent bei ÖGDs.

Insgesamt traten zehn Todesfälle auf. "Durch eine Überdosierung verstarben ein Koloskopiepatient und fünf Patienten mit einer Gastroskopie, und zwar gleich verteilt auf die Anästhesie- und Endoskopie-applizierte Sedierung", so May.

Risikofaktor: Das Fachpersonal

Als Risikofaktor für eine Komplikation habe sich in dieser Untersuchung neben dem Alter des Patienten auch die Sedierung durch das Anästhesie-Fachpersonal erwiesen und zwar als Folge einer zu tiefen Sedierung. "Diese Daten lassen sich im Alltag nachvollziehen; sie zeigen, dass bei Niedrig-Risiko-Patienten die Sicherheit der Sedierung nicht durch das Hinzuziehen von Anästhesie-Fachpersonal verbessert werden kann", so May.

Ein gut geschultes Endoskopie-Team könne die Sedierung sicher und zufriedenstellend für alle Seiten durchführen. Die optimale Propofol-Dosierung bei Routine-Endoskopie liege bei 200 mg. Bei dieser Dosis sei nach den Ergebnissen einer Studie die Patienten- und Endoskopiker-Zufriedenheit am höchsten.

Häufiger CO2 einsetzen

CO2 ist ein Gas, das 150 mal schneller als Luft absorbiert und über die Lunge abgeatmet wird. Erste Erfahrungen in kleinen Studien zeigen, dass damit der Patientenkomfort deutlich verbessert wird, weil die Patienten sowohl während der Koloskopie als auch danach sehr viel weniger Beschwerden durch Distension angeben. Besonders vorteilhaft ist CO2 bei Untersuchern mit geringer Erfahrung, bei langdauernden Prozeduren und bei nicht-sedierten Patienten.

Doch eine Umfrage bei europäischen Endoskopikern ergab, dass diese Methode nur bei 50 Prozent überhaupt bekannt ist und nur von 4 Prozent eingesetzt wird. "Die Vorzüge von CO2 sollte der Endoskopiker gerade bei solchen Patienten stärker berücksichtigen", so May. (sti)

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