Crohn & Colitis

Langes Stillen schützt vor Darmerkrankung

Wer länger als ein Jahr gestillt wurde, hat ein verringertes Risiko für chronisch-entzündliche Darmerkrankungen - das lässt zumindest eine aktuelle Befragung von Patienten vermuten.

Peter LeinerVon Peter Leiner Veröffentlicht:
Stillen wird unter anderem zur Allergieprävention empfohlen. Offenbar verringert es auch das Risiko für chronische Darmerkrankungen.

Stillen wird unter anderem zur Allergieprävention empfohlen. Offenbar verringert es auch das Risiko für chronische Darmerkrankungen.

© Andrej Burak/iStock.com

HONGKONG. Wer sein Kind wenigstens ein Jahr lang stillt, verringert damit möglicherweise die Wahrscheinlichkeit, dass es später an Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa erkrankt.

Das lassen zumindest die Ergebnisse einer Befragung in acht asiatischen Ländern und in Australien vermuten.

442 Patienten befragt

Die Befragung von 442 Patienten mit chronisch-entzündlicher Darmerkrankung, die die Diagnose Morbus Crohn (n = 186) oder Colitis ulcerosa (n = 256) im Zeitraum zwischen 2011 und 2013 erhalten hatten, ist Teil der prospektiven Kohortenstudie ACCESS (Asia-Pacific Crohn's and Colitis Epidemiology Study).

Den Teilnehmern wurden innerhalb von 20 Minuten insgesamt 87 Fragen aus 25 verschiedenen Bereichen zu möglichen Risikofaktoren für chronisch-entzündliche Darmerkrankungen gestellt, und zwar spätestens vier Wochen nach der Diagnose.

Bei allen Teilnehmern der Studie wurde die Erkrankung sechs Monate nach der Erstdiagnose bestätigt (Gut 2015; 64: 1063-1071).

Kontakt mit Haustieren eruiert

Bei den fünf Hauptbereichen, die die Befragung abdeckte, handelt es sich um Faktoren, mit denen die Studienteilnehmer in den ersten 20 Lebensjahren konfrontiert wurden, etwa Stillen, Appendektomien oder Impfen sowie Zusammenleben mit Haustieren.

Außerdem ging es um Ernährungs- sowie Rauchgewohnheiten, Verfügbarkeit von sauberem, warmem Wasser oder Toiletten sowie körperliche Bewegung.

Die etwa doppelt so große Kontrollgruppe war der Patientengruppe bei den wichtigsten Parametern ähnlich, nämlich bezüglich Alter, Geschlecht und ethnische Zugehörigkeit. Alle Studienteilnehmer wurden gleichermaßen gut medizinisch versorgt.

Am meisten beeindruckt hat die Gastroenterologen um Professor Siew C. Ng von der Chinesischen Universität in Hongkong und ihre Kollegen, dass vor allem das Stillen offenbar einen so großen schützenden Effekt hat.

Risiko bis zu 90 Prozent reduziert

Die Wahrscheinlichkeit, an Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa zu erkranken, ist nach Berücksichtigung potenziell verzerrender Faktoren demnach um 90 Prozent (adjustierte Odds Ratio, aOR: 0,10) und um 84 Prozent (aOR: 0,16) verringert, wenn mindestens zwölf Monate lang gestillt wurde. Dies bestätige die Ergebnisse früherer Fall-Kontroll-Studien in Neuseeland und Dänemark, so die Ärzte.

Auffallend ist nach Ansicht von Ng und ihren Kollegen auch, dass eine Antibiotikabehandlung in der Anamnese vor allem im Zusammenhang mit Morbus Crohn einen schützenden Effekt hat (aOR: 0,19) und auch die Wahrscheinlichkeit verringert, an Colitis ulcerosa zu erkranken, (aOR: 0,48).

Antibiotika in der Anamnese günstig

Möglicherweise ist der Faktor Antibiotikaverbrauch ein Marker für wiederholte Infektionen in der Kindheit und Jugend, die die Entwicklung einer immunologischen Toleranz begünstigen, wie die Ärzte spekulieren.

Selbst das Zusammenleben mit Hunden beeinflusst möglicherweise die Wahrscheinlichkeit, an Morbus Crohn zu erkranken, positiv. Denn der Auswertung zufolge liegt der errechnete aOR-Wert bei 0,54. Einen entsprechenden Zusammenhang entdeckten die Ärzte jedoch nicht - wie in bisherigen Studien - beim Zusammenleben mit Katzen.

Möglicherweise beeinflussen Mikroorganismen der Tiere, mit denen die Kinder schon früh im Leben in Kontakt kommen, die Entwicklung der chronisch-entzündlichen Darmerkrankung, wie Ng und ihre Kollegen vermuten.

Offenbar hat auch Kaffee- oder Teetrinken in den ersten 20 Lebensjahren einen vor Morbus Crohn (nur Tee) und vor Colitis ulcerosa (Tee und Kaffee) schützenden Effekt, wahrscheinlich durch die antioxidativen Wirkungen.

Mehr zum Thema

Forschung

Reizdarmsyndrom: Antihistaminikum lindert den Schmerz in Studie

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Rechtzeitig eingefädelt: Die dreiseitigen Verhandlungen zwischen Kliniken, Vertragsärzten und Krankenkassen über ambulantisierbare Operationen sind fristgerecht vor April abgeschlossen worden.

© K-H Krauskopf, Wuppertal

Ambulantisierung

90 zusätzliche OPS-Codes für Hybrid-DRG vereinbart

Führen den BVKJ: Tilo Radau (l.), Hauptgeschäftsführer, und Präsident Michael Hubmann im Berliner Büro des Verbands.

© Marco Urban für die Ärzte Zeitung

Doppel-Interview

BVKJ-Spitze Hubmann und Radau: „Erst einmal die Kinder-AU abschaffen!“