Erhöhtes Risiko

ADHS und Sucht treten oft gemeinsam auf

Ein ADHS im Kindesalter ist mit einem deutlich erhöhten Suchtrisiko im weiteren Leben vergesellschaftet.

Dr. Thomas MeißnerVon Dr. Thomas Meißner Veröffentlicht:

BRUGG. Symptome des Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätssyndroms (ADHS) persistieren oft bis ins Erwachsenenalter. Bei bis zu zwei von drei Patienten geht das ADHS außerdem mit weiteren psychischen Störungen einher. Das deutlich erhöhte Suchtrisiko dieser Patienten werde im Wesentlichen auf eine fehlgeleitete Selbstmedikation zurückgeführt, so Privatdozentin Dr. Monika Ridinger, Leiterin der Suchtpsychiatrie und –psychotherapie, Psychiatrische Dienste Aargau in Brugg, Schweiz (Nervenheilkunde 2016; 35: 764-769).

Psychotrope Substanzen stimulieren die bei ADHS minderaktiven Bereiche im Belohnungssystem und fördern die dopaminerge Neurotransmission. Dies entspreche der Dopamindefizit-Hypothese bei Menschen mit Süchten, wonach diese anfälliger für psychotrope Substanzen sind als Menschen mit hinreichender Dopaminwirkung. Hinzu kommen komplexe Störungen in kortikalen Netzwerken.

Die Summation solcher Komponenten mit den in der Entwicklung des ADHS gemachten Erfahrungen von Scheitern und Versagen, die Verfügbarkeit psychotroper Substanzen sowie die Gelegenheit zu süchtigen Verhaltensweisen bahnten den individuellen Weg zur Sucht – sowohl zu substanzgebundenen als auch Substanz-ungebundenen Abhängigkeiten wie Spielsucht. So finden sich unter erwachsenen Substanzabhängigen bis zu 23 Prozent ADHS-Patienten.

Als effizienter Präventionsansatz gilt die konsequente Behandlung und Linderung der ADHS-spezifischen Symptome, bevorzugt mit langsam anflutenden Stimulanzien, die sich nicht oder nur schwer intravenös injizieren lassen. Komorbide Störungen bedürfen einer komplexen Interventionsplanung.

Die Besserung der Symptome einer Störung führen nicht automatisch zur Linderung anderer Störungen. Notwendig, so Ridinger, sei daher die integrative Behandlung mit Medikamenten, Psychotherapien, Psychoedukation, Verhaltenstrainings sowie komplementären Angeboten wie Bewegungstherapie, Ernährungsberatung, achtsamkeitsbasierten Verfahren oder auch Biofeedback-Methoden. Speziell die medikamentöse Behandlung bei ADHS und Sucht müsse erfahrenen Spezialisten vorbehalten bleiben.

23% der erwachsenen Substanzabhängigen haben ein Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätssyndrom.

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Vor Entscheid in der Länderkammer

Streit um Pflegepersonaleinsatz in Kliniken vor der Einigung

Lesetipps
Schwere Infektionen mit Antibiotika richtig behandeln: Behandlungsmythen, die so nicht stimmen.

© bukhta79 / stock.adobe.com

Richtig handeln bei Infektionen

Drei Mythen bei der Antibiotika-Therapie

Eine pulmonale Beteiligung bei Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) kann sich mit Stridor, Husten, Dyspnoe und Auswurf manifestieren. Sie zeigt in der Lungenfunktionsprüfung meist ein obstruktives Muster.

© Sebastian Kaulitzki / stock.adobe.com

Morbus Crohn und Colitis ulcerosa

Wenn der entzündete Darm auf die Lunge geht