Wenn das Flugzeug losrollt, bricht manchem Passagier der Schweiß aus

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Von Martin Ruf

Wenn sich die Türen des Flugzeugs hinter ihnen schließen, kriecht bei vielen Passagieren die Angst hoch. Schweißausbrüche, Herzrasen oder zitternde Knie sind dann bei ihnen die Folge. 15 Prozent der Deutschen leiden laut einer Erhebung des Instituts für Demoskopie Allensbach von 1995 unter akuter Flugangst. Weitere 20 Prozent verspüren über den Wolken deutliches Unbehagen. Nach den Terroranschlägen in den USA vom 11. September 2001 dürften diese Zahlen noch gestiegen sein, vermuten Experten.

Viele der Betroffenen bekämpfen ihre Angst einfach dadurch, daß sie überhaupt nicht mehr fliegen. "Das muß nicht sein", sagt der Saarbrücker Diplom-Psychologe Martin Geiss. Seit 15 Jahren begleitet der Flugangst-Patienten in Flugangst-Bewältigungsseminaren und Einzeltherapien.

"Flugangst ist eine Folgeangst", erklärt der 47jährige und berichtet von Übertragungseffekten: "Da stecken andere Ängste dahinter: Höhenangst, Entfernungsangst, Platzangst oder Todesangst." Häufiger Fehler der Betroffenen sei, daß sie zu lange alleine mit ihren Ängsten verharrten, ehe sie gegen das "gedankliche Krebsgeschwür" vorgingen.

"Flugangst kann man nicht heilen", räumt der Diplom-Psychologe ein. "Man kann sie aber sehr wohl in den Griff bekommen." Ein Erfolgsrezept: Die Betroffenen müssen ihre Ängste erkennen und zu ihnen stehen - auch vor anderen, aber vor allem vor sich selbst. "Negative Gedanken haben und sich dabei ein positives Gefühl einreden wollen, das funktioniert nicht", sagt der Experte. "Da spielt der Körper nicht mit."

Die Seminare gegen Flugangst fangen bei der gezielten Vorbereitung der Passagiere auf einen Flug an und reichen bis hin zu Entspannungsübungen und Ablenkungsstrategien, die Betroffene über den Wolken anwenden können. Ein Tip: entspannende Musik hören oder aber - bei einem Flug in den Urlaub - in einem Buch über das Reiseland lesen.

Auch die Fluggesellschaften befassen sich mit dem Phänomen. Nach Angaben des Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) in Berlin reichen die Maßnahmen der Airlines von der Schulung des Flugpersonals über beruhigende Ansagen des Piloten bei schwierigen Flugsituationen bis hin zur Vermeidung von grellen Farben bei der Gestaltung der Kabine. "Es geht darum, für Wohlbefinden an Bord zu sorgen", sagt Sascha Thomas, Psychologe einer Münchner Agentur, die im Auftrag der Lufthansa seit 1981 an derzeit 13 deutschen Flughäfen Seminar für entspanntes Fliegen abhält. So seien die Fluggesellschaften etwa bemüht, das Platzangebot an Bord zu verbessern.

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