Magnetresonanztomografie

Hirn-Scan bei Frühchen zeigt Risiko für Entwicklungsstörungen

Ein einfacher Hirn-Scan kann Hinweise liefern, ob das Gehirn eines frühgeborenen Säuglings beschädigt ist und ob das Kind eine geistige oder Bewegungsstörung entwickeln könnte.

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In Deutschland kommt etwa eins von zehn Babys vor der 37. Schwangerschaftswoche auf die Welt.

In Deutschland kommt etwa eins von zehn Babys vor der 37. Schwangerschaftswoche auf die Welt.

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DARMSTADT. Schäden in der weißen Substanz des Gehirns, die bei Frühchen nachgewiesen werden, sind häufig mit späteren motorischen oder kognitiven Defiziten assoziiert. Volumen und Lokalisation bestimmen dabei offenbar das Ausmaß. Kritisch sind vor allem Schäden im Frontalhirn. Diese Befunde haben jüngst Wissenschaftler der Universität in Toronto in Kanada in der Fachzeitschrift "Neurology" publiziert.

Die Deutsche Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung (DGKN) hat diese Publikation nun zum Anlass genommen, den hilfreichen Einsatz bildgebender Verfahren zu betonen, um die Gehirne von Frühgeborenen zu beurteilen. So könnten mögliche Entwicklungsstörungen früh erkannt und möglicherweise behandelt werden, heißt es dazu in einer Mitteilung der DGKN.

In Deutschland kommt etwa eins von zehn Babys vor der 37. Schwangerschaftswoche auf die Welt. Dank des medizinischen Fortschritts haben heute sogar Kinder, die in der 24. Woche geboren werden Überlebenschancen, wie die DGKN berichtet.

Doch je früher das Neugeborene auf die Welt kommt, umso größer ist auch sein Risiko, mit einem Hirnschaden ins Leben zu starten, der die gesunde kindliche Entwicklung erheblich beeinträchtigen kann. "Ein Hirn-Scan, der Lage und Ausmaß der Schäden zeigt, kann Auskunft darüber geben, wie groß das Risiko auf eine spätere Entwicklungsstörung ist", so Professor Dr. med. Stefan Knecht, Mediensprecher der DGKN in der Mitteilung.

Stirnlappenschäden besonders kritisch

Die Studie aus "Neurology" im Detail: Das kanadische Team untersuchte in einem Zeitraum von sieben Jahren 58 Frühchen, die im British Columbia's Women Hospital mit Verletzungen in der weißen Gehirnsubstanz zur Welt kamen. Mithilfe der Magnetresonanztomografie (MRT) bestimmten sie die Lage der Verletzungen in der 32. Woche nach der Geburt.

Im Alter von 18 Monaten beurteilten die Experten dann die geistigen und motorischen Fähigkeiten der Kinder. Die Ergebnisse zeigen, dass die Position der Verletzungen Auskunft über Art und Ausmaß möglicher Entwicklungsstörungen geben kann: Lagen die Schäden hauptsächlich im Stirnlappen des Gehirns, stieg das Risiko auf geistige Entwicklungsrückstände um einen Faktor von 79. Das Risiko auf Bewegungsstörungen vergrößerte sich um das 64-fache.

Da ihre Lunge noch nicht vollständig entwickelt ist, können Frühgeborene oft nicht richtig atmen, erinnert die DGKN. Zudem könnten die zarten Blutgefäße, die das unreife Gehirn mit Sauerstoff versorgen, leicht reißen – es könne zu Hirnblutungen und Sauerstoffmangel kommen, vor allem in der weißen Substanz des Gehirns.

Frühere Untersuchungen haben nach Angaben der DGKN bereits gezeigt, dass die Gehirnzellen von Frühgeborenen weniger Verbindungen bilden als bei Kinder, die zwischen der 37. und 42. Schwangerschaftswoche zur Welt kommen. Je nachdem, in welcher Hirnregion die Schäden auftreten, können sich bestimmte kognitive Funktionen nicht normal entwickeln.

"Das MRT eignet sich hervorragend, um die Gehirne von Frühgeborenen auf Schäden zu untersuchen", sagt Knecht, der als Chefarzt an der Klinik für Neurologie an der St. Mauritius Therapieklinik in Meerbusch arbeitet. Im Gegensatz zu anderen bildgebenden Verfahren – etwa Röntgenstrahlen – seien die bildgebenden Magnetwellen für das Neugeborene harmlos. Dabei erstelle das MRT wesentlich genauere Bilder als zum Beispiel eine Untersuchung per Ultraschall. (run)

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