Uni Frankfurt stellt Projekt vor

Suizidrate um ein Drittel senken

Bei der Suizidprävention spielen Hausärzte eine wesentliche Rolle. Deshalb stehen sie nun im Fokus eines Projekts der Frankfurter Universitätsmedizin.

Von Anne Zegelman Veröffentlicht:
Patienten mit suizidalen Gedanken: Gerade Hausärzte sind für sie häufig eine erste, niedrigschwellige Anlaufstelle.

Patienten mit suizidalen Gedanken: Gerade Hausärzte sind für sie häufig eine erste, niedrigschwellige Anlaufstelle.

© Peter Atkins / Fotolia

FRANKFURT / MAIN. "Gerade Hausärzte sind häufig eine erste, niedrigschwellige Anlaufstelle für Patienten mit suizidalen Gedanken", sagte Professor Ferdinand Gerlach, Direktor des Frankfurter Instituts für Allgemeinmedizin, bei der Vorstellung des Projekts. "Wir wollen sie insbesondere bei der frühzeitigen Erkennung von Warnsignalen und bei der Therapie von Depressionen bestmöglich unterstützen."

Das Projekt, das den Titel "Programm zur Prävention von Suiziden mittels evidenzbasierter Maßnahmen" (FraPPe) trägt, ruht auf sieben verschiedenen Säulen, die intern noch einmal in vier Teilprojekten zusammengefasst werden.

Mit folgenden Ansätzen soll die Versorgung von selbstmordgefährdeten Menschen verbessert werden:

  • Evaluation: Im ersten Schritt werden bestehende Suizidpräventionsmaßnahmen und Interventionsmaßnahmen nach Suizidversuchen betrachtet und ausgewertet.
  • Sprechstunde: In den fünf psychiatrischen Kliniken der Stadt Frankfurt wird eine niederschwellige Sprechstunde für Menschen in möglicherweise suizidalen Krisen und deren Angehörige eingerichtet. Schulungen und Weiterbildungen sollen eine leitliniengerechte antidepressive Therapie an allen Standorten sicherstellen.
  • Hotline: Darüber hinaus wird eine 24/7-Hotline für Suizidgefährdete, deren Angehörige und Akteure der psychiatrischen Versorgung eingerichtet.
  • Qualifikation von Gatekeepern: Sogenannte Gatekeeper, zu denen auch Hausärzte gehören, sollen weiterqualifiziert werden, geplant sind Seminare und Veranstaltungen zur Frage, wie Suizidabsichten besser erkannt werden können. Hierzu soll das Frankfurter Bündnis gegen Depression maßgeblich beitragen, das schon jetzt Fortbildungen für Gatekeeper organisiert.
  • Öffentlichkeitsarbeit: Insbesondere in den Notaufnahmen und Intensivstationen der Kliniken im Stadtgebiet, aber auch bei Notärzten, Einsatzkräften oder im Jugendamt soll mehr Aufmerksamkeit für das Thema Suizid geschaffen werden. Erreicht werden soll, dass jeder Patient nach einem Suizidversuch zeitnah von einem Psychiater oder in einer psychiatrischen Klinik untersucht wird. Außerdem sollen öffentlichkeitswirksame Aktionen auf in Krisensituationen verfügbare Hilfsangebote aufmerksam machen.
  • Analyse: Das Programm soll untersuchen, welche Methoden Menschen für den Suizid nutzen – und prüfen, inwiefern der Zugang zu für die Selbsttötung benötigten Hilfsmitteln versperrt werden kann. Der am Projekt beteiligte Rechtsmediziner Professor Marcel Verhoff sagte bei der Vorstellung, es sei wichtig, jeden Suizid-Fall exakt zu untersuchen. Neben der Bestimmung der genauen Todesursache müsse herausgefunden werden, ob Medikamente oder Drogen genommen wurden. "Weiterhin ist es wichtig, ob in der Vergangenheit ärztliche Kontakte wegen Depression stattgefunden haben und gegebenenfalls verordnete Medikamente nicht eingenommen wurden", so Verhoff.
  • Vernetzung: Bereits im Jahr 2014 gründete das Frankfurter Gesundheitsamt das Frankfurter Netzwerk für Suizidprävention (FRANS). Die Webseite www.frans-hilft.de dient schon jetzt als Plattform für Betroffene, Angehörige und Trauernde. Das Projekt FraPPe soll dazu beitragen, die Akteure noch besser miteinander zu vernetzen.

Das Programm ist auf drei Jahre und zwei Monate ausgelegt und wird vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) mit 783.000 Euro gefördert. Das Gesamtvolumen des Programms liegt bei rund 1,16 Millionen Euro.

Die Finanzierung sei nicht nur ein Zeichen dafür, dass ein gesellschaftliches Problem nun sehr hoch eingeschätzt werde, sagte Professor Jürgen Graf, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des Universitätsklinikums Frankfurt: "Die Förderung ist auch ein Beleg dafür, dass solche elementaren Probleme zu Recht von interdisziplinären Expertengruppen bearbeitet werden, wie sie in der Universitätsmedizin und ihren Netzwerken zu Hause sind."

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