Nach Schlaganfall

Video-EEG deckt Epilepsieanfälle auf

Nach einem ischämischen Schlaganfall bleiben möglicherweise ohne neurophysiologische Tests viele Krampfanfälle unentdeckt. Diesen Zusammenhang haben jetzt portugiesische Neurologen in ihrer Stroke Unit dokumentiert.

Peter LeinerVon Peter Leiner Veröffentlicht:
Krampfanfälle nach Schlaganfall sind keine Rarität.

Krampfanfälle nach Schlaganfall sind keine Rarität.

© psdesign1 / stock.adobe.com

LISSABON. Die Angaben zur Häufigkeit von Krampfanfällen nach einem Schlaganfall schwanken zwischen 2 Prozent und 67 Prozent. Das könnte daran liegen, dass nicht immer elektroenzephalografische Messungen vorgenommen werden.

Die Ärzte um Dr. Carla Bentes vom Hospital de Santa Maria in Lissabon haben nun den Nutzen einer neurophysiologischen Diagnostik mit einem 64-Kanal-Video-EEG prospektiv bei Patienten untersucht, die wegen eines akuten Schlaganfalls im Karotisstromgebiet – per CT oder MRT bestätigt – in ihrer Stroke Unit versorgt worden waren (J Neurol 2017; 264(9): 1978–1985). Die Aufzeichnung dauerte maximal 60 Minuten.

Analyse von 151 Patienten

Die Neurologen nahmen in einem Zeitraum von zwei Jahren insgesamt 151 Patienten auf und verfolgten ihren Gesundheitszustand ein Jahr lang. Die Diagnose des ischämischen Schlaganfalls im vorderen Hirnkreislauf erfolgte anhand der NIHSS-Kriterien (National Institutes of Health Stroke Scale: Score = 4).

Ergebnisse einer Video-EEG-Studie

» Von den 151 Patienten mit einem Schlaganfall hatte jeder vierte im Jahr danach einen epileptischen Anfall.

» Per EEG wurde noch während des Klinikaufenthaltes bei 27 Patienten (18 Prozent) eine interiktale oder iktale Aktivität entdeckt. Bei sieben dieser Patienten wurde ein elektrografischer Anfall diagnostiziert.

» Innerhalb der ersten Woche nach dem Schlaganfall hatten 22 Patienten (15 Prozent) einen Krampfanfall.

Während des Klinikaufenthalts wurden mögliche Krampfanfälle zunächst klinisch beurteilt. Ein halbes Jahr später erfolgte eine telefonische Befragung zu den Anfällen. Zwölf Monate später wurden die Betroffenen erneut klinisch untersucht.

Eine zusätzliche Video-EEG-Untersuchung wurde erstmals innerhalb von 72 Stunden nach dem Schlaganfall gemacht und dann täglich bis zum siebten Tag nach dem Schlaganfallereignis, wenn sich der neurologische Status unerklärlicherweise verschlechterte und dann erneut bei Klinikentlassung sowie ein Jahr später.

Zu den elektroenzephalografischen Unregelmäßigkeiten, die die Neurologen im Blick hatten, gehörten Veränderungen in der interiktalen oder iktalen epileptiformen Aktivität, den periodischen Entladungen sowie in Anfallsmustern (elektrografische Anfälle).

Jeder Vierte mit Attacke

Von den Patienten mit einem Schlaganfall hatte jeder vierte (n = 38; 25 Prozent) im Jahr danach einen epileptischen Anfall. Per EEG wurde noch während des Klinikaufenthaltes bei 27 Patienten (18 Prozent) eine interiktale oder iktale Aktivität entdeckt. Bei sieben dieser Patienten wurde ein elektrografischer Anfall diagnostiziert.

Innerhalb der ersten Woche nach dem Schlaganfall hatten 22 Patienten (15 Prozent) einen Krampfanfall. Bei vier Patienten trafen Kriterien für einen nicht-konvulsiven Status epilepticus zu. Bei fünf Patienten mit mindestens einem symptomatischen Krampfanfall handelte es sich um ausschließlich elektrografisch nachweisbare Anfälle.

Mindestens ein Krampfanfall, der sich später als eine Woche nach dem Schlaganfall ereignete (remote symptomatic seizure, RSS), trat bei 23 Patienten (16 Prozent) auf. Bei mehr als 40 Prozent der Patienten, bei denen ein epileptischer Anfall per EEG diagnostiziert worden war, wurde ein nicht-konvulsiver Status epilepticus oder ein RSS nachgewiesen.

Die Neurologen weisen darauf hin, dass letztlich 75 Prozent der Patienten mit einem nicht-konvulsiven Status epilepticus nach dem akuten Schlaganfall keine offensichtlichen klinischen Zeichen für einen Krampfanfall hatten.

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